Systematischer Organraub China: Menschen verfolgt, gefoltert und getötet – weil sie meditieren

Menschen sitzen auf der Straße und meditieren
Falun Gong ist eine beliebte Meditationspraxis in China. Die Regierung sieht darin allerdings eine Bedrohung und verfolgt die Anhänger der Lehre.
© Jonathan Nicholson/ / Picture Alliance
Falun Dafa, auch bekannt als Falun Gong, ist eine Meditationspraxis, die auf "den Werten Wahrhaftigkeit, Güte und Nachsicht" basiert. Die Übungen sollen die körperliche und mentale Gesundheit verbessern. Was friedlich und simpel klingt, wird in China hart bestraft.

Anhänger der Falun Gong-Lehre werden seit 20 Jahren von der chinesischen Regierung verfolgt, verhaftet, gefoltert und getötet. Schätzungen gehen davon aus, dass Tausende von ihnen dem Organraub zum Opfer gefallen sind: Eine "großangelegte, systematische Entnahme der Körperorgane am lebendigen Leibe", wie es die US-Regierung in ihrem jährlichen "Bericht über Menschenrechte" schreibt.

Seit 1999 ist Falun Gong in China verboten, nachdem die spirituelle Bewegung in den frühen 1990er-Jahren enormen Zulauf erhielt. Der Erfinder der Lehre, Li Hongzhi, kombinierte buddhistische Werte mit traditionellen Bewegungsabläufen aus dem Qigong. Er entwickelte damit eine moderne Verbindung zwei uralter Lehren. "Im Gegensatz zu anderen Religionen konzentriert sich Falun Gong auf körperliche Übungen und Meditation", heißt es in einer Analyse des australischen Außenministeriums.

China verbietet Falun-Gong-Praxis

Millionen Menschen schlossen sich der Falun-Gong-Praxis an, was die chinesische Regierung als eine wachsende Gefahr wahrnahm. Nachdem mehrere Tausend Anhänger einen stillen Protest organisiert hatten, stufte die kommunistische Partei Falun Gong laut "Amnesty International" als "Bedrohung für die soziale und politische Stabilität" ein. Die Bewegung wurde daraufhin zur "ketzerischen Sekte" erklärt und verboten. Dazu rief die Regierung einen neuen Sicherheitsdienst mit dem Namen "Büro 610" ins Leben, der die spirituelle Praxis eliminieren sollte.

Menschen praktizieren Falun Dafa in einem Park
Falun Gong kombiniert Meditation mit einfachen Bewegungsabläufen. Anhänger üben oft zusammen in einer Gruppe. 
© David Chang / Picture Alliance

Sowohl der australische Bericht als auch die "Koalition zur Untersuchung der Verfolgung von Falun Gong in China" weisen darauf hin, dass die Behörde außerhalb des Partei- und Regierungsrahmens agiert, somit über der Verfassung steht und deshalb auch Befugnis über Polizei und Justiz hat. Seit Beginn der Verfolgung sind laut "Amnesty International"Zehntausende Falun-Gong-Praktizierende willkürlich inhaftiert, gefoltert und misshandelt worden.

Falun-Gong-Anhänger für China "politische Gegner"

Nach der Festnahme müssen die Meisten bereits einige Monate in Gewahrsam verbringen, bevor sie einem Richter vorgeführt werden, wobei es sich laut der "Koalition zur Untersuchung der Verfolgung von Falun Gong" um Schein-Prozesse handelt. Nahezu immer werden die Angeklagten für schuldig befunden. Bis zu sieben Jahren Haft droht den Verurteilten. Viele von ihnen landen in Arbeitslagern oder "Einrichtungen zur Umerziehung".

Denn: "Die Regierung betrachtet Falun-Gong-Anhänger als politische Gegner", stellte das australische Außenministerium fest. Nach Angaben der Organisation "Minghui", die sich für die internationale Falun-Gong-Gemeinschaft engagiert, sind allein im Jahr 2019  rund 6000 Anhänger der spirituellen Bewegung verhaftet worden.

Misshandlungen und Folter 

Nicht selten werden die Häftlinge brutal gefoltert. Die Methoden der chinesischen Regierung seien im Laufe der Zeit laut "Human Rights Watch" immer gewalttätiger geworden. "Schlafentzug, das erzwungene Verharren in Stresspositionen und andere Formen der körperlichen und geistigen Folter und anderweitiger Misshandlung", zählt "Amnesty International" auf. Beispiele dafür veröffentlicht die Menschenrechts-Organisation immer wieder auf ihrer Internetseite. Unter anderem den Fall von Wang Xiuqing und ihre Tochter Qin Hailong, die man in einem Arbeitslager gefoltert hat. Aus den Aussagen der Frauen geht hervor, "man habe sie unter anderem mit Elektroschlagstöcken verprügelt, ihnen Faustschläge und Fußtritte am ganzen Körper versetzt und sie mit solcher Gewalt zu Boden geworfen, dass sie fast keine Luft mehr bekamen".

Plakat, das über den Organraub in China informiert
Weltweit versuchten Falun Dafa-Anhänger auf die Verfolgung und den Organraub aufmerksam zu machen.
© Creative Touch Imaging Ltd / Picture Alliance

Dem Falun-Gong-Anhänger Guo Xiaojun hätten die Beamten bereits während seiner Verhaftung Schnittverletzungen zugefügt. Während seiner vierjährigen Haftstrafe habe man ihn mit Schlafentzug gequält. Regelmäßig erhält "Amnesty International" Berichte über Todesfälle in Gewahrsam. Der "Deutsche Falun Dafa-Verein" beziffert die Gesamtzahl der Foltertode seit Beginn der Verfolgung auf über 4000 Personen.

Systematischer Organraub in China

Um einiges höher schätzt der Verein die Zahl deren, die in Folge des Organraubs ihr Leben verloren haben. "Der Organraub an lebenden Falun-Gong-Praktizierenden ist ein systematisches Verbrechen der kommunistischen Regierung Chinas", heißt es von der "Koalition zur Untersuchung der Verfolgung von Falun Gong". Mit Beginn der Verfolgung sei die Organtransplantationsindustrie des Landes explosionsartig gewachsen.

China habe einen enormen Spenderpool lebender Organe. Transplantationskliniken werben bis heute damit, jedes benötigte Organ innerhalb weniger Tage beschaffen zu können und bei jeder Operation mehrere Lebendorgane zur Verfügung zu haben.

Die Vorwürfe des Organraubs hat eine Untersuchung des China-Tribunals bestätigt. Dabei handelt es sich um ein unabhängiges Gremium von Anwälten und Experten, die einen möglichen Transplantationsmissbrauch untersuchen sollten. Über die schockierenden Ergebnisse berichtete 2019 unter anderem die Nachrichtenagentur "Reuters". Es stehe "außer Frage", dass der Organraub an Gefangenen "in erheblichem Umfang durch staatlich unterstützte oder anerkannte Organisationen und Einzelpersonen" stattgefunden habe.

China streitet Organraub ab

Die Falun-Gong-Anhänger seien "wahrscheinlich die primäre Gruppe für den Organraub". Der Vorsitzende des Tribunals, Sir Geoffrey Nice, betonte, dass "sehr viele Menschen ohne Grund einen unbeschreiblich abscheulichen Tod gestorben sind". Die chinesische Regierung hat alle Anschuldigungen abgestritten und auf ein neues Gesetz aus dem Jahr 2015 verwiesen. Dieses besagt, dass Transplantationsorgane nur noch auf freiwilliger Basis und nicht mehr von zum Tode verurteilten Häftlingen entnommen werden dürfen. Mehrere Menschenrechtsorganisationen und -Aktivisten, die die US-Regierung in ihrem "Bericht über Menschenrechte" zitiert, weisen jedoch darauf hin, dass die chinesische Regierung die Angaben zur Organspende und Organtransplantation fälschen würden.

An dieser Stelle hat unsere Redaktion Inhalte von Facebook integriert.
Aufgrund Ihrer Datenschutz-Einstellungen wurden diese Inhalte nicht geladen, um Ihre Privatsphäre zu schützen.

Der chinesische Regisseur Leon Lee, der seit mehr als 15 Jahren in Kanada lebt, erfuhr von der Verfolgung und dem Organraub an Falun-Gong-Anhängern erst, nachdem er seine Heimat verlassen hatte. Das habe ihm die Augen für die strenge Kontrolle des Informationsflusses in China geöffnet, sagte er dem kanadischen Rundfunk. Um mehr Aufmerksamkeit auf das Thema zu lenken, hat Lee ein halbbiografischer Spielfilm über das Vorgehen der chinesischen Regierung gegen einen Falun-Gong-Anhänger gedreht. Der Streifen läuft momentan in den Kanadischen Kinos. In naher Zukunft soll der Film auch in Deutschland zu sehen sein.

PRODUKTE & TIPPS

Kaufkosmos