Chronologie Die Krise in der Türkei

Die Türkei wird seit Monaten von einer schweren innenpolitischen Krise erschüttert. Die Regierungspartei AKP auf der einen Seite sowie Opposition und Armee auf der anderen streiten um die von Republikgründer Mustafa Kemal Atatürk verfügte Trennung von Staat und Religion.

Die Entwicklung im Überblick:

1. Mai 2007:

Das Verfassungsgericht in Ankara stoppt die Wahl des neuen Staatspräsidenten. Das Gericht erklärt den ersten Wahlgang vom 27. April für ungültig. Der Kandidat der islamisch konservativen Gerechtigkeits- und Entwicklungspartei AKP, Außenminister Abdullah Gül, hatte die erforderliche Zweidrittelmehrheit verfehlt. Wenige Tage später scheitert Gül auch im zweiten Wahlgang.

1. Mai:

Direkt nach der Abstimmung bekräftigt das Militär, dass es den Laizismus (die Trennung von Staat und Religion) "entschieden verteidigen" werde. Im Wahlkampf werde die Armee "ihre Haltung und ihr Vorgehen notfalls deutlich machen".

18. Mai:

Nach dem Mord an einem hohen Richter in Ankara demonstrieren Zehntausende für die Trennung von Staat und Religion. Der Richter hatte die Nichtbeförderung einer Lehrerin für rechtens erklärt, weil sie auf dem Schulweg ein Kopftuch trug.

22. Juli:

Regierungschef Recep Tayyip Erdogan gewinnt mit seiner Partei AKP deutlich die vorgezogene Parlamentswahl.

28. August:

Das Parlament wählt Gül mit der im dritten Wahlgang nötigen einfachen Mehrheit zum Präsidenten. Gül bekräftigt, das Prinzip der Trennung von Staat und Religion zu schützen.

9. Februar 2008:

Das Parlament kippt auf Initiative der AKP per Verfassungsänderung das Kopftuchverbot an Hochschulen. Es war nach dem Militärputsch 1980 erlassen worden. Damit dürfen auch Frauen, die aus Glaubensgründen ein Kopftuch tragen, an den Universitäten studieren.

22. Februar:

Präsident Gül bestätigt die Verfassungsänderung. Fünf Tage später ruft die Opposition das Verfassungsgericht an.

31. März:

Das Verfassungsgericht eröffnet ein Verbotsverfahren gegen die AKP. Sieben von elf Richtern wollen zudem ein politisches Betätigungsverbot für 71 AKP-Politiker prüfen, darunter Erdogan und Gül. Der Generalstaatsanwalt wirft der AKP vor, ein "Zentrum von Aktivitäten gegen den säkularen Staat" zu sein. Sein Verbotsantrag nimmt Bezug auf die Freigabe des Kopftuchs an Unis.

13. Mai:

Eine Million Menschen demonstrieren in Izmir für eine laizistische Türkei. Nachdem am Vortag bei einer Bombenexplosion in Izmir ein Mensch getötet wurde, verlief die Kundgebung friedlich.

5. Juni:

Das Verfassungsgericht kippt die Parlamentsentscheidung zur Aufhebung des Kopftuchverbots. Es verweist auf den Verfassungsartikel zur Trennung von Staat und Religion.

16. Juli:

Ein Berichterstatter des Verfassungsgerichts entlastet die AKP. In einem nicht bindenden Gutachten habe er sich gegen ein Verbot der Partei ausgesprochen, berichten türkische Medien.

28. Juli:

Das Verfassungsgericht nimmt Verhandlungen über ein Verbot der AKP auf. Am Vorabend waren beim schwersten Terrorakt seit fünf Jahren in Istanbul 17 Menschen getötet worden.

DPA
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