Wie groß ist die Nähe von Donald Trump zur QAnon-Verschwörungsbewegung? Folgt man den Indizien während eines Wahlkampfauftrittes in Youngstown am vergangenen Wochenende, hat der Ex-Präsident praktisch jede Distanz zu der kruden Mythologie abgelegt, wie die "New York Times" und andere US-Medien berichten. Diesen Eindruck konnte man demnach zumindest angesichts der musikalischen Untermalung seiner Rede und den im Publikum gezeigten Gesten bekommen. Ein Sprecher Trumps bestritt den Zusammenhang und nannte ihn ein Konstrukt der "Fake News Medien".
Die musikalische Untermalung zu Trumps Rede in der kriselnden Industriestadt in Ohio sprach allerdings eine andere Sprache. Während der Ex-Präsident über den angeblichen Niedergang der USA sprach, lief im Hintergrund eine Musik, die sich praktisch nicht von einem Lied namens "Wwg1wga" unterscheiden ließ, das als eine Art QAnon-Hymne gilt. Die Abkürzung steht für den Slogan der Bewegung "Where we go one, we go all." (in etwa: "Dort, wohin einer geht, dahin gehen alle"). Währenddessen reckten Dutzende Menschen in der Menge ihre Zeigefinger in die Höhe – als Zeichen für die "1", die im Titel des Songs genannt wird. Offenkundig reagierten sie damit auf das gespielte Lied, das sie wiederzuerkennen glaubten. Andere Interpretationen verwiesen darauf, dass mit der Geste "America first" signalisiert werden sollte. Ein Trump-Sprecher sagte, dass der gespielte Song "Mirrors" heiße und lizenzfrei in einer Audiobibliothek im Internet zu finden sei.
Donald Trump: Flirt mit QAnon nicht neu
Allerdings offenbarte sich der Flirt Trumps mit der Verschwörungsmythologie zuletzt nicht nur auf der Bühne in Youngstown. In der vergangenen Woche war auf einem auf Truth Social geposteten Foto am Revers des 76-Jährigen eine Q-Anstecknadel zu erkennen; darüber der Slogan "The storm is coming". Als "Sturm" verstehen QAnon-Anhänger angeblich jenen Moment, in dem Trump die Macht wiedererlangt, seine Feinde besiegt hat, sie verhaftet und womöglich live im Internet hinrichtet. In der Vorstellung der QAnon-Anhänger befand sich Trump schon während seiner Zeit im Weißen Haus in einem Kampf gegen satanische, kinderhandelnde Liberale und Demokraten. Das FBI warnt dementsprechend vor der Bewegung und sieht eine wachsende Gefahr, dass deren Anhänger gewalttätig werden könnten.
Die Bundespolizei und das Justizministerium versuchte Trump in Ohio zu delegitimieren. "Wir sind eine Nation, die ihre Strafverfolgung wie nie zuvor gegen die gegnerische politische Partei eingesetzt hat", sagte Trump der Menge. "Wir haben ein Federal Bureau of Investigation, das nicht zulässt, dass schlechte, wahlverändernde Fakten der Öffentlichkeit präsentiert werden." Der Ex-Präsident nährt die Erzählung vom Wahlbetrug 2020 seit Jahren, obgleich es dafür keinerlei Hinweise gibt. Ermittlungen gegen ihn bezüglich seines Umgangs mit Geheimdokumenten und des Verdachts eines Staatsstreichs im Zusammenhang mit dem Sturm aufs Kapitol versucht er als illegitim darzustellen.
Zukunft der USA in schwarzen Farben
Trump malte während seines Auftritts in Youngstown, bei dem er den republikanischen Kandidaten J.D. Vance mit Blick auf die Zwischenwahlen Anfang November unterstützte, die Zukunft der USA in dunkelsten Farben. In der Ukraine könnten die Vereinigten Staaten leicht "im Dritten Weltkrieg landen". Es gebe "keine faire Presse mehr"; die klassischen Medien, von denen einige Trump kritisieren, seien "wirklich der Feind des Volkes". Fälschlich behauptete er, freie Meinungsäußerung sei nicht mehr möglich, die USA seien ein Land "in dem die Kriminalität wie nie zuvor grassiert" und "in dem die Wirtschaft zusammenbricht“.
Quellen: "New York Times"; "The Guardian"