Es war ein böse Überraschung für alle Betroffenen, aber auch für alle, die sich für Gleichberechtigung in der amerikanischen Gesellschaft stark machen: US-Präsident Donald Trump hat verkündet, dass Transgender in der US-Armee keinen Dienst tun dürfen. Er teilte dies, wie schon üblich, in den wenigen Zeilen mit, die Twitter-Nachrichten erlauben. Immerhin: Diesmal verteilte Trump seine Worte auf drei Tweets.
Die Regierung werde es nicht erlauben, dass Menschen, die sich nicht oder nicht nur mit dem bei ihrer Geburt notierten Geschlecht identifizieren, im Militär dienten, schrieb der Präsident. Das Militär müsse sich auf den "entscheidenden und überwältigenden Sieg" konzentrieren und könne nicht mit den "enormen medizinischen Kosten" belastet werden, die mit dem Dienst von Transgendern einhergingen, fügte er hinzu. Trump legt mit seiner Entscheidung einmal mehr die Axt an das Werk der Vorgängerregierung von Barack Obama, die im Juni 2016 den Militärdienst für Transgender durchgesetzt hatte. Trumps entgegengesetzte Entscheidung vom Mittwoch sorgt für Empörung - und zwar auch unter Republikanern.
Ex-Navy-SEAL: "Sagen Sie mir, ich sei nicht würdig"
Der republikanische Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Senat, John McCain, der bereits mit seiner "Obamacare"-Rede im Senat bewegt hatte, nannte das Vorgehen des Präsidenten unangemessen. Jeder, der in den Streitkräften dienen wolle und die Bedingungen erfülle, müsse dies tun können, forderte der 80-jährige Vietnam-Veteran. Die Organisation Human Rights Campaign bezeichnete Trumps Vorgehen als unpatriotisch und gefährlich. "Diese abscheuliche und widerwärtige Handlung gefährdet das Leben von amerikanischen Soldaten, es beeinträchtigt die Bereitschaft des Militärs und macht unser Land weniger sicher", erklärte Präsident Chad Griffin.

Kristin Beck, eine Navy-SEAL-Veteranin, die 20 Jahre unter ihrem Geburtsnamen Christopher Beck unter anderem in Bosnien, Irak und Afghanistan eingesetzt war, forderte Trump im "Business Insider" auf: "Lassen Sie uns treffen, und dann sagen Sie mir ins Gesicht, dass ich nicht würdig bin", sagte die mit dem Tapferkeitsorden in Bronze und dem "Purple Heart" für erlittene Verwundungen im Kampf ausgezeichnete Ex-Soldatin. "Ich habe die individuelle Freiheit verteidigt", so Beck weiter. "Ich verteidigte sie für Republikaner. Ich verteidigte sie für Demokraten. Ich verteidigte sie für jedermann."
"Fuck you, Donald Trump!"
Als geradezu absurd empfindet Beck Trumps Hinweis auf die Kosten, die der US-Armee durch Transgender-Menschen entstehen würden. "Wir sprechen hier über 0,000001 Prozent des Militärbudgets", sagte Beck. Transgender zu sein, betreffe niemand anderen. Auch der Dienst unterschiedlicher Geschlechter und unterschiedlicher Glaubensrichtungen sei nur ein Problem, wenn es in der Armee-Führung nicht stimme. Beck: "Das ist kein Transgender-Problem, es ist ein Führungsproblem."
Offenbar eine weitere Veteranin, Carla Lewis, zeigte sich in einem Facebook-Post in einem T-Shirt mit der Aufschrift "Transgender-Veteran: Ich habe für das dein Recht gekämpft, mich zu hassen". Dazu schrieb in "bestem Amerikanisch": Bei allem Respekt, den ich nicht habe: "Fuck you Donald Trump!"
Was ist aus Ihren Versprechen geworden?
"Es gibt 15.000 patriotische amerikanische Transgender im US-Militär, die für uns alle kämpfen. Was ist aus deinem Versprechen geworden, für sie zu kämpfen?", fragte TV-Star Caitlyn Jenner Trump in einem Tweet. Jenner, als Bruce William 1976 Olympiasieger im Zehnkampf und Weltrekordhalter, hatte 2015 - unter großem Aufsehen der US-Öffentlichkeit - bekannt gegeben, eine Transgender-Frau zu sein. Sie erinnerte Trump an sein Wahlversprechen, die LGBT-Community schützen zu wollen. In einem Tweet vom Juni 2016 hatte der damalige Präsidentschaftskandidat erklärt, er werde für sie kämpfen. Diese Nachricht machte nun erneut die Runde. Nutzer fragten, ob Trump wisse, wofür das T in der Abkürzung stehe (LGBT steht im Englischen für Lesbian (lesbisch), Gay (schwul), Bi (bisexuell) und Trans). Das Pentagon habe viele Jahre daran gearbeitet, dass Transgender-Menschen offen in der Armee dienen können, erinnert Jenner in einer ausführlichen Stellungnahme. "Es gibt keinen Grund, diese Arbeit über den Haufen zu werfen, weil Präsident Trump sich entschieden hat, heute morgen ein paar Tweets zu versenden."
Natürlich befürworten Teile der US-Gesellschaft auch Trumps Vorgehen. Zum Sprachrohr derer machte sich das Familiy Research Council, eine Denkfabrik der religiösen Rechten, das die Entscheidung begrüßte. Das Militär könne sich nun darauf konzentrieren, Kriege zu gewinnen, statt sich dazu benutzen zu lassen, "Obamas soziale Agenda" voranzutreiben, erklärte der Präsident der Organisation, Tony Perkins.