Erneuter Skandal um Italiens Regierungschef Verlag klagt gegen Berlusconi

Auf einen Skandal folgt der nächste: Die Verlagsgruppe "L'Espresso" will gegen Silvio Berlusconi vor Gericht ziehen. Der italienische Medienmogul und Ministerpräsident hatte Unternehmer zum Boykott der Zeitungen aufgerufen. Außerdem soll er in eine neue Frauengeschichte verwickelt sein - diesmal mit einer Prostituierten.

Der Ärger für Silvio Berlusconi nimmt kein Ende: Die Verlagsgruppe "L'Espresso" will den italienischen Ministerpräsidenten verklagen. Grund für die rechtlichen Schritte seien die wiederholte Aufforderung des Medienmoguls an italienische Unternehmer, Zeitungen der "Espresso"-Gruppe zu boykottieren, und seine Anschuldigungen gegen die zu der Gruppe gehörende römische Tageszeitung "La Repubblica", zitierten italienische Medien den Verlag.

Berlusconi beschuldigt das Blatt, ein Komplott gegen ihn geschmiedet zu haben. "Masochist ist, wer in solchen Medien Werbung inseriert. Die werden durch das ganze 'Über-die-Krise-reden' doch selbst zum Krisenfaktor", hatte der Ministerpräsident am Mittwoch in Ligurien auf der Versammlung der italienischen Jungunternehmer gegen die Presse gepoltert. Außerdem würden Zeitungen wie "La Repubblica" durch die "linke Hasskampagne", die sie gegen ihn betrieben, "Italien nur schaden".

Hat Berlusconi eine Prostituierte engagiert?

Zwei Wochen vor dem G-8-Gipfel in den Abruzzen steht Berlusconi zudem durch eine weitere Skandalgeschichte unter Druck: Der italienische Ministerpräsident wies am Mittwoch die Darstellung einer Prostituierten in der Zeitung "Corriere della Sera" zurück, sie habe 1.000 Euro erhalten, um im Oktober 2008 an einer Party in der römischen Residenz des Regierungschefs teilzunehmen. Am 4. November habe sie dort auch die Nacht verbracht. Er habe nie eine Frau bezahlt, sagte der 72-Jährige dem Magazin "Chi", das im Berlusconi-eigenen Verlagshaus Mondadori erscheint. "Es gibt nichts in meinem Privatleben, wofür ich mich entschuldigen müsste." Die Prostituierte Patrizia D'Addario erklärte jedoch, sie könne beweisen, dass sie die Nacht im Haus Berlusconis verbracht habe. Staatsanwälte untersuchten Fotos, die D'Addario vom Schlafzimmer Berlusconis gemacht haben will, sowie angebliche Aufzeichnungen von Telefongesprächen zwischen beiden.

Tatsächlich war der "Cavaliere" - wie Berlusconi auch genannt wird - wegen seiner Affären in den vergangenen Wochen immer wieder in die Schlagzeilen geraten, seitdem seine entnervte Noch-Ehefrau Veronica Lario Anfang Mai über "La Repubblica" öffentlich ihre Scheidung einreichte - unter anderem mit dem Argument: "Ich kann nicht mit jemandem leben, der sich mit Minderjährigen trifft".

Show-Girls, Minderjährige und Callgirls

Alles begann mit den Europawahlen, für die Berlusconi für seine Partei junge Show-Girls aufstellen wollte. "Luder der Macht", protestierte die 52-jährige "First Lady" damals. Hinzu kam das unklare Verhältnis Berlusconis zu der heute 18-jährigen Schülerin Noemi aus Neapel. Schließlich soll er junge Callgirls zu seinen Festen nach Sardinien und Rom eingeladen haben.

Wiederholt veröffentlichte "La Repubblica" seit Mai einen Katalog von zehn Fragen an den Ministerpräsidenten zum "Fall Noemi", die Berlusconi bis heute nicht beantwortete. Auch die Anschuldigung Larios, der 72-Jährige treffe Minderjährige, konnte der Ministerpräsident bisher nicht eindeutig aufklären. Im Gegenteil: Erst kürzlich hatte er Hunderte von Fotos des sardischen Paparazzo Antonello Zappadu beschlagnahmen lassen, weil er dadurch seine Privatsphäre verletzt sah. Darunter sollen unter anderem Schnappschüsse von einer Party sein, zu der auch die damals 17-jährige Schülerin Noemi eingeladen gewesen war. Ein Teil der Fotos wurden inzwischen im Ausland veröffentlicht. Berlusconi schwört indes weiterhin bei seiner Karriere, niemals ein Verhältnis mit Minderjährigen gehabt zu haben.

Die Schmuddelgeschichten über den Ministerpräsidenten stoßen in konservativen Kreisen auf wachsenden Unwillen. "Es muss Grenzen geben", schrieb jetzt das einflussreiche katholische Magazin "Famiglia Cristiana", das in Kirchen im ganzen Land verteilt wird. "Diese Grenzen des Anstands sind überschritten worden." Die Inhaber politischer Macht könnten nicht beanspruchen, "sich in einem ethik-freien Territorium zu befinden".

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