Die Ermittlungen wegen der Folter von irakischen Häftlingen weiten sich offenbar aus: Jetzt werden acht weitere Tötungsfälle im Irak und in Afghanistan untersucht. Amtliche Leichenbeschauer gingen davon aus, dass der Tod der Gefangenen durch körperliche Gewalt vor oder während der Verhöre eingetreten sein könne, verlautete aus Armeekreisen. Bereits am 4. Mai hatte die US-Armee erklärt, sie untersuche zwei von US-Bürgern an irakischen Gefangenen begangene Tötungsdelikte. Die Untersuchung der Fälle bedeute nicht, dass den Todesfällen eine kriminelle Absicht zu Grunde liegen müsse, hieß es in den Kreisen. Insgesamt habe die Armee den Tod von 32 Häftlingen im Irak und fünf Gefangenen in Afghanistan untersucht.
Ermittlungen gegen 'Sub-Unternehmen'
Das US-Justizministerium teilte mit, erstmals seien strafrechtliche Ermittlungen gegen einen zivilen Subunternehmer der Armee im Irak eingeleitet worden. Dieser stehe unter dem Verdacht, irakische Häftlinge misshandelt zu haben, erklärte das Ministerium, ohne nähere Einzelheiten zu nennen. Die US-Regierung ist nach der Veröffentlichung von Fotos misshandelter und gedemütigter irakischer Häftlinge im Gefängnis Abu Ghraib bei Bagdad unter massiven innen- und außenpolitischen Druck geraten. Am Freitag tauchten neue Bilder mit Folterszenen auf, die nach Medienberichten über die bislang bekannt gewordenen Grausamkeiten hinausgehen.
In einem ersten Verfahren hatte ein US-Kriegsgericht in Bagdad am Mittwoch einen US-Militärpolizisten wegen seiner Beteiligung an den Taten zu einer Haftstrafe von einem Jahr verurteilt. Gegen drei weitere Kollegen laufen Prozesse, in denen den Angeklagten höhere Strafen drohen.
Sechs Tote bei Selbstmordanschlag
Bei einem Selbstmordanschlag mit einer Autobombe sind am Samstag in Bagdad sechs Iraker ums Leben gekommen. Zehn weitere Menschen seien verletzt worden, darunter der stellvertretende Innenministers Abdul Dschabar Jusef, sagte ein Polizeioffizier am Tatort im Osten der irakischen Hauptstadt. Bei den Getöteten handele es sich überwiegend um Sicherheitsleute, die das Haus des Vize-Ministers schützen sollten. Augenzeugen berichteten Journalisten, der Attentäter habe mit dem Wagen die Einfahrt durchbrochen und dann den Sprengsatz gezündet.
Die Explosion beschädigte mehrere Häuser und zerstörte eine Reihe von Autos. Die Wracks brannten nach dem Anschlag. Die Polizei sperrte den Tatort ab. Der stellvertretende Innenminister wurde in ein Krankenhaus gebracht. Sein Zustand soll stabil sein. Es war der zweite schwere Autobombenanschlag in dieser Woche in Bagdad. Am Montag war der Vorsitzende des von den USA ernannten irakischen Regierungsrats, Issadine Salim, bei einem Anschlag getötet worden. Auch er gehörte wie el Scheichli der schiitischen Dawa-Partei an.
"Volle Souveränitä" für Übergangsregierung
Die Arbeiten an einer neuen Irak-Resolution der Vereinten Nationen kommen offenbar voran. Wie der stellvertretende amerikanische UN-Botschafter James Cunningham sagte, sind sich die Mitglieder des Weltsicherheitsrats darin einig, dass die irakische Übergangsregierung vom ersten Tag an "volle Souveränität" erhalten soll. Die von den USA geführte Allianz will die Macht zum 30. Juni abgeben.
Nach Angaben von Cunningham sollen die Iraker in der Frage eines Verbleibs der multinationalen Truppen "ein entscheidendes Wort" mitreden. Die neue UN-Resolution werde nicht die Forderung nach einer unbefristeten Stationierung enthalten, so Cunningham. Sie werde aber auch keine zeitliche Begrenzung beinhalten. Die Entscheidung über den weiteren Verbleib der Soldaten werde bei den Irakern liegen. "Und wir nehmen an, dass sie die Truppen weiter im Land haben wollen", sagte Cunningham.
Deutschland und Frankreich wollten die Festlegung auf ein Datum für einen Abzug der von den USA geführten multinationalen Streitkräfte. Nach ihrem Willen sollte die Entscheidung über eine mögliche Verlängerung der Stationierung der irakischen Regierung überlassen werden, die im Januar 2005 aus Wahlen hervorgehen soll. US-Präsident George W. Bush hat wiederholt erklärt, die US-Soldaten würden solange in Irak bleiben, bis die Sicherheit gewährleistet sei.