Frau oder Mann, Tories oder Labour, May oder Corbyn: Nach der knappen Wahlentscheidung in Großbritannien scheint in London plötzlich alles möglich. Wer mit wem koaliert, wer am Ende regiert und wie das mit dem Brexit weitergeht – alles neu, alles anders, alles offen.
Knapp einen Tag nach der Wahl steht bisher nur eines wirklich fest: Premierministerin Theresa May hat ihr Wahlziel deutlich verfehlt, ein "Weiter so" wird es in Großbritannien nicht geben, dafür hat die Frau schlicht und ergreifend zu schlecht abgeschnitten. Dem Vereinigten Königreich stehen turbulente Tage, Wochen, Monate bevor. Unsichere Zeiten, in denen Mehrheiten fern und Koalitionen oder "Deals" notwendig sind, und das in einem Land, das damit so gut wie keinerlei Erfahrung hat.
Es könnte stürmisch werden auf der Insel. Gut, dass es trotzdem Konstanten gibt. Und die gibt es tatsächlich, auch am Freitag nach der Wahl, auch in der Downing Street 10. Sie trägt Pelz, verweigert des Öfteren ihren Dienst und trägt den Namen Larry. Larry, the cat.
Kater Larry: Gäste empfangen, auf Möbeln entspannen
Während Theresa May um ihr Heim bangen muss – die Downing Street 10 ist für den britischen Premier Arbeitsplatz und Zuhause zugleich –, kann sich Larry entspannt zurücklehnen. Seit 2011 lebt der Kater in den Gemächern hinter der schwarzen Holztür mit der kleinen 10, der wohl bekanntesten Pforte im gesamten Königreich.
Für ihn war es damals ein steiler Aufstieg, hatte Larry bis zu diesem Zeitpunkt doch in einem Tierheim sein Dasein gefristet. Unter David Cameron zog das Tier ins Londoner Regierungsviertel Whitehall und während der Ex-Premier im vergangenen Sommer wieder seine Koffer packen musste, ist Larry offenbar gekommen, um zu bleiben. Der Kater zählt mittlerweile zu den festen Größen der Downing Street, hat einen eigenen Titel – "Chief Mouser to the Cabinet Office" – und ist jetzt schon länger im Amt als so mancher Regierungschef der Insel vor ihm. Einst eingestellt als Mäusefänger erfüllt er laut offiziellen Angaben schon längst weit repräsentativere Aufgaben wie "Gäste empfangen" oder "Mobiliar auf Schlummergelegenheiten testen".
Dabei erfreut sich Larry an Beliebtheitswerten, von denen seine zweibeinigen Mitbewohner meist nur träumen können. Die Begeisterung für Larry geht in Großbritannien gar so weit, dass einige Briten gar der Meinung sein sollen, der rund zehn Jahre alte Kater sei der eigentliche Herrscher in der Downing Street. So wird das zumindest berichtet. Die anderen kommen, die anderen gehen, Larry bleibt.
Kater Larry: Auf Twitter ein Rebell
Vom Volk geliebt ist Larrys Herrschaft keineswegs unumstritten. Vor etwas mehr als einem Jahr geriet Larry wegen Gewaltdelikten in die Schlagzeilen: Der Kater hatte sich offenbar mit seinem neuen Nachbarn, dem weißen Kater Palmerston des Außenministeriums, angelegt. Ein paar Monate später verkrachte sich Larry mit der neuen Herrin in der Downing Street 10: Anders als Theresa May ist der Kater bekennender Brexit-Gegner und schrieb auf Twitter gegen die Premierministerin an. Unbekannte hatten dem Kater einen (nicht offiziellen) Account eingerichtet und gleich wie andere bedeutende englischsprachige Staatsmänner bringt seitdem auch Larry Weisheiten mit Vorliebe zwitschernd unters Volk.
Kein Wunder, dass sich der Kater auch am Tag nach der Parlamentswahl mal wieder nicht zurückhalten konnte: "So wie das aussieht", heißt es auf seinem Kanal, "besteht die berechtigte Chance, dass irgendwann die Queen mich mit der Regierungsbildung beauftragen muss."
Wie zum Beweis saß Kater Larry, schon lange bevor Theresa May den Journalisten nach dem Wahldebakel Rede und Antwort stand, auf dem Stufen vor dem Regierungssitz und beobachtete das Geschehen. Ganz so, schreibt "The Telegraph", als wolle er die Fragen der Presse beantworten.
