Großbritannien Der geheime Blair-Brown-Deal

Von James Blitz und Thilo Schäfer
Sie sind erbitterte Kontrahenten, nun haben sie sich geeinigt: Der britische Premier Tony Blair wird demnach am 4. Mai zurücktreten, im Juni soll dann sein Nachfolger Gordon Brown in Downing Street 10 einziehen.

Der britische Premierminister Tony Blair hatte gestern dem massivem Druck aus den Reihen der Labour-Partei nachgegeben und seinen Rücktritt innerhalb der nächsten zwölf Monate angekündigt. Er lehnte es jedoch ab, einen exakten Zeitpunkt zu benennen. Doch nach Angaben aus dem Umfeld von Blairs wahrscheinlichem Nachfolger, Schatzkanzler Gordon Brown, dürfte Blair im Februar den 4. Mai als Tag seines Rücktritts nennen. Am Tag zuvor werden in Schottland und Wales die Regionalparlamente gewählt. Nach einer sechswöchigen parteiinternen Nachfolgersuche dürfte dann Mitte Juni ein neuer Premier in Downing Street 10 einziehen.

Blair und Brown hatten sich bei einem hitzigen Gespräch am Mittwoch auf einen Waffenstillstand geeinigt. Das verlautete aus dem Umfeld der Beteiligten. Brown sicherte Blair am Donnerstag daher öffentlich seine Unterstützung zu: "Die Entscheidung liegt bei ihm."

Regierungsmitglieder aus Protest zurückgetreten

Blair sagte, der nächste Parteitag in ein paar Wochen werde sein letzter als Parteichef sein. Es gilt als sicher, dass er gleichzeitig mit dem Labour-Vorsitz auch sein Regierungsamt aufgeben wird. Blair hatte vor der Wahl 2005 erklärt, nicht erneut zu kandidieren und seinem Nachfolger "ausreichend Zeit" zur Eingewöhnung ins Amt zu gewähren. Doch zuletzt wurden Forderungen massiv, der Premier solle ein genaues Datum für seinen Abschied nennen. Mit seiner öffentlichen Ankündigung vollzog Blair eine Kehrtwende. Noch vor einer Woche hatte er es abgelehnt, einen Zeitplan zu benennen, und seine Kritiker aufgefordert, ihn nicht weiter "zu quälen". Am Mittwoch waren jedoch aus Protest ein Staatssekretär und sieben weitere Regierungsmitglieder zurückgetreten.

Gefunden in der ...

Unklar ist jedoch, ob Blair durch seinen Schritt nun die internen Kritiker in Schach halten kann. "Wir müssen mit vier Jahreszeiten der Unzufriedenheit rechnen", sagte der Labour-Abgeordnete Stephen Pound. Er spielte damit auf die schwere Parteikrise zum Ende der Amtszeit des Labour-Premiers James Callahan im Jahr 1979 an, die als "Winter der Unzufriedenheit" in die Parteigeschichte einging. Als weiter aufmüpfig gelten vor allem Labour-Politiker in Schottland und Wales, die um ihre Wahlerfolge fürchten.

Wetten auf den Nachfolger

Außerdem bleibt in London der Verdacht bestehen, dass Blairs Mannschaft die Stabsübergabe an Brown noch sabotieren könnte. Demnach könnten prominente Blair-Getreue wie Innenminister John Reid als Gegenkandidaten aufgestellt werden. Britische Wettbüros bieten schon Wetten auf mögliche Alternativbewerber an.

Grund für die Unzufriedenheit mit Blair ist vor allem seine Unterstützung der USA im Kampf gegen den Terrorismus. Der Sprecher von US-Präsident George W. Bush sagte am Donnerstag: "Tony Blair und der Präsident haben noch eine Menge Arbeit zu erledigen."