Der irakische Fischer hatte sich gerade dazu entschlossen, zu den Waffen zu greifen. Und er zitterte bei seinem ersten Angriff auf US-Soldaten vor Angst. Dann feuerte er eine Granate auf einen Geländewagen ab und rannte weg, so schnell wie er konnte. Es verfolgte ihn aber niemand. Und seit diesem ersten Angriff im April greift er mit seiner Gruppe aus sieben weiteren Kämpfern alle paar Tage US-Soldaten an. "Ich fange am Morgen Fische und am Abend Amerikaner", sagt er und fügt hinzu. "Amerikaner fangen ist einfacher als Fische fangen."
Mischung aus Tatsachen und wilden Behauptungen
Der Mann ist Ende 20, seinen Namen sagt er nicht. Er nennt sich im Interview "Salahuddin", nach einem berühmten muslimischen Sultan im 12. Jahrhundert, der im Westen besser unter dem Namen Saladin bekannt ist. Seine Aussagen, die eine Mischung aus überprüfbaren Tatsachen und wilden Behauptungen sind, geben einen kleinen Einblick in den Widerstand in Irak, der seit dem 1. Mai mehr als 60 US-Soldaten das Leben kostete. Das Interview kam über verschiedene Mittelsmänner und Dank der Hilfe eines irakischen Journalisten zu Stande. Es fand in einem Restaurant in Bagdad statt.
Er kämpfe gegen die US-Truppen nicht wegen irgendwelcher Belohnungen von Saddam Hussein oder wegen einer prinzipiellen islamistischen Opposition gegen die USA, sagt der Mann. "Saddam Hussein ist erledigt." Was ihn empört habe, sei der Umgang der US-Soldaten mit der irakischen Bevölkerung bei Razzien. "Wenn sie nicht in unsere Häuser kommen würden, hätten wir nichts mit ihnen zu tun", sagt der Mann. Er sei nach einer nächtlichen Razzia zu einem Widerstandskämpfer geworden. Die US-Soldaten hätten unschuldige Männer in Handschellen gelegt, Frauen in unangemessener Weise berührt und eine Witwe mit einem Gewehrkolben geschlagen. "Können sie nicht Besatzungsmacht sein, ohne uns zu erniedrigen?"
USA räumen Probleme ein
US-Kommandeure räumen ein, dass es Probleme bei den Razzien gibt, wenn die Soldaten nach Anhängern des alten Regimes oder Guerillakämpfern suchen. Der Sprecher Koalitionstruppen in Irak, US-Major William Thurmond, bestätigt, dass die Beschreibung des Fischers von seiner Gruppe mit den Erkenntnissen der USA zum Widerstand übereinstimmt. Es handele sich meist um kleine Gruppen, die eine gewisse Ausbildung hätten, auf örtlicher Ebene agierten und hin und wieder Guerillaangriffe verübten, wobei sie nicht ständig kampfbereit auf Angriffsmöglichkeiten lauerten.
Dieser Widerstand nehme zu, sagt der Fischer. "Jeden Tag gibt es neue Gruppen." Eine von ihnen, so erklärt er im Interview, die Irakische Nationale Islamische Widerstandsbewegung, werde in Kürze ein Videoband veröffentlichen. Vier Tage später ist dies tatsächlich der Fall. In dem Video nennen fünf vermummte Männer aber eine andere Begründung für ihren Kampf gegen die US-Truppen. Sie wollten die US-Truppen aus Prinzip rauswerfen. Dies habe nichts mit der schlechten Versorgungslage oder den Razzien zu tun.
Waffenschmuggler geben großzügige Rabatte
"Salahuddin" sagt, seine Gruppe habe nur gelegentlich Kontakt mit anderen Rebellen. Eine Koordination gebe es nicht. Er habe auch davon gehört, dass ausländische Kämpfer in Irak seien sollten, gesehen habe er sie noch nicht. Waffen kämen gelegentlich von den anderen Gruppen, die meisten Kämpfer kauften sich ihre Waffen aber selbst, sagt er. Sympathisierende Waffenhändler, die die Bestände geplünderter Lager der irakischen Armee veräußerten, räumten ihnen dabei großzügige Rabatte ein. Eine Panzerabwehrrakete gebe es schon für zehn Dollar.
Bei seinem ersten Angriff auf US-Soldaten habe er furchtbare Angst gehabt, sagt "Salahuddin". "Wir wussten nichts über ihre Fähigkeiten. Aber dann haben wir gemerkt, dass sie Feiglinge sind und uns nicht folgen." Thurmond bestätigt, dass die US-Truppen in den meisten Fällen nur versuchen, aus der Schusslinie zu kommen. Auf die Frage, ob dies nicht den Widerstand in seiner Ansicht bestätige, dass die US-Soldaten Feiglinge seien, sagt er: "Ihre Meinung über uns interessiert mich nicht besonders."
"Übliche Übertreibungen"
"Salahuddins" Gruppe hat nach seinen Angaben inzwischen 14 Angriffe verübt, von denen einige auch mit Angaben des US-Heeres übereinstimmen. Einmal, so berichtet er, seien sieben US-Soldaten getötet und drei verwundet worden. Bislang haben die US-Truppen aber höchstens drei Soldaten bei einem Angriff verloren. Diese Übertreibungen seien in der arabischen Welt üblich, sagt der Kairoer Journalist Mohammed Salah. Dazu gehörten auch Berichte über weit höhere Verluste der USA. Diese versuchten die USA zu verschleiern, in dem sie ihre Toten in der Wüste beerdigten. Solche Geschichten würden geglaubt und verstärkten die Aura des Widerstands, sagt Salah. Man müsse diese Behauptungen aber beachten, weil sie zeigten, wie die Rebellen denken.