Humanitäre Hilfe Deutschland übernimmt bei der Uno die Führung

Den Flüchtlingen im Irak soll mit einer Wiederaufnahme des Uno-Programms "Öl-für-Lebensmittel" geholfen werden. Deutschland soll dabei auf Wunsch des Sicherheitsrates die Führung übernehmen.

Deutschland arbeitet im Auftrag des Weltsicherheitsrates ein Konzept aus, das die humanitäre Versorgung der irakischen Bevölkerung während des Krieges sicherstellen soll. Das teilte der deutsche UN-Botschafter Gunter Pleuger nach Beratungen des Sicherheitsrates mit UN-Generalsekretär Kofi Annan am Freitag in New York mit. Laut Pleuger ist sich der Sicherheitsrat darin einig, dass die Vorräte und Mittel aus dem «Öl-für-Lebensmittel»-Programm genutzt werden sollten, um die Not der Iraker zu lindern.

Ein deutsches Expertenteam werde schon am Samstag beginnen, die von Annan unterbreiteten Vorschläge und weitere Anregungen aus dem Sicherheitsrat zusammenzufassen und auf ihre Durchführbarkeit zu überprüfen. Das Problem sei, die Lebensmittel trotz militärischen Geschehens an die Grenzen zum Irak zu bringen und dann landesweit sowie unter den irakischen Flüchtlingen in Nachbarländern zu verteilen. Deshalb soll Deutschland, das seit Jahresbeginn das Sanktionskomitee für den Irak leitet und damit für die Überprüfung des «Öl-für-Lebensmittel»-Programmes verantwortlich ist, jetzt praktikable Lösungen anbieten.

Hilfe für neun Milliarden Dollar soll sofort auf den Weg gebracht werden

Annan hatte dem Sicherheitsrat vorgeschlagen, das Anfang der Woche abgebrochene «Öl für Lebensmittel»-Programm in abgewandelter Form wieder neu zu beleben. Aus diesem Programm sind Uno-Angaben zufolge Lebensmittel im Wert von 2,4 Milliarden Dollar (2,27 Milliarden Euro) umgehend verfügbar. Er wolle auch dafür sorgen, dass Güter im Wert von 8,9 Milliarden Dollar aus bereits abgeschlossenen Verträgen in die Region geschickt und über das gesamte Land verteilt würden, hatte Annan dem Rat schriftlich mitgeteilt.

Der amerikanische UN-Botschafter John Negroponte äußerte die Hoffnung, dass die Deutschen in Kürze einen Plan vorlegen, der dann als Resolution verabschiedet werden kann. Er sei erfreut, dass der Sicherheitsrat wieder bereit sei zusammenzuarbeiten. Negroponte erklärte auf Anfrage von Journalisten, seine Regierung werde sicher stellen, dass «natürlichen Ressourcen des Irak, einschließlich der Ölquellen, vollständig in der Hand der Iraker bleiben».

Jordanien ist erste Anlaufstelle der Flüchtlinge

Angesichts der verstärkten Kampfhandlungen fliehen die Menschen aus dem Irak nach Jordanien. Die Organisation für Migration (IOM) sprach in Genf am Freitag von einen «anhaltenden Strom» von Ausreisenden, besonders von sudanesischen, ägyptischen oder somalischen Staatsangehörigen, die im Irak gearbeitet haben. Bisher seien etwa 500 Menschen von der jordanischen Grenze in Lager gebracht worden, sagte IOM-Sprecherin Niurka Pineiro.

Dagegen konnte der Sprecher des Uno-Flüchtlingshilfswerks UNHCR, Kris Janowski, noch keine größeren Flüchtlingsbewegungen melden. Vor allem gebe es keine Berichte, wie es im Inneren des Irak aussehe und ob sich Menschen dort schon auf der Flucht befänden.

UNHCR erwartet 600.000 Flüchtlinge

Janowski verwies darauf, dass es auch im Golfkrieg 1991 während der Kampfhandlungen kaum große Flüchtlingsbewegungen gegeben habe. Dies sei erst später losgegangen. Auf die Frage, ob die Grenzen der sechs Nachbarstaaten für Flüchtlinge offen seien, sagte Janowski: «Wir haben bisher kein Nein gehört.» Es sei aber wenig wahrscheinlich, dass es Fluchtmöglichkeiten etwa nach Kuwait oder Saudi-Arabien geben werde. Das UNHCR ist auf die Flucht von 600.000 Menschen aus dem Irak vorbereitet.

Der Irak-Krieg wird für die humanitären Organisationen zu einem «logistischen Albtraum», wie Christiane Berthiaume vom Welternährungsprogramms (WFP) am Freitag in Genf sagte. Wenn der Krieg länger als vier Wochen dauere, werde die ganze irakische Bevölkerung auf Lebensmittelhilfe angewiesen sein. 23 Prozent der Kinder unter fünf Jahren seien bereits jetzt unterernährt.

Diese Operation werde mehr als eine Milliarde Dollar kosten, sagte Berthiaume. Die Uno-Organisationen haben bislang erst 50 Millionen Dollar von den im Februar geforderten 123,7 Millionen Dollar erhalten.