Nach dem Verzicht von Sonia Gandhi ist der ehemalige Finanzminister Manmohan Singh zum neuen indischen Ministerpräsidenten ernannt worden. Präsident A.P.J. Abdul Kalam habe ihn mit der Regierungsbildung beauftragt, erklärte Singh am Mittwochabend nach einem Gespräch im Präsidentenpalast. Er werde nicht nur ein "Stellvertreter" Gandhis sein, hatte Singh vor seiner Ernennung betont. Der Reformpolitiker soll möglicherweise schon am Donnerstag vereidigt werden.
Gandhi bekräftigte trotz parteiinterner Proteste ihren Entschluss, auf das Regierungsamt zu verzichten. In der Partei werde sie aber weiter eine führende Rolle spielen, versicherte die 57-Jährige.
Mehrere Rücktritte aus Protest
Aus Protest gegen ihren Rückzug stellten mehrere Parteifunktionäre ihre Ämter zur Verfügung. Eine Gruppe von Gandhi-Anhängern stürmte die Parteizentrale in Neu-Delhi. Vor dem Gebäude forderten mehr als 2.000 Demonstranten die aus Italien stammende Politikerin auf, ihre am Vortag verkündete Entscheidung rückgängig zu machen. Die Menge skandierte bei sengender Hitze und Temperaturen von 42 Grad Sprechchöre für Gandhi und schwenkte Fahnen Indiens und der Kongresspartei.
Der 71-jährige Singh gilt als Urheber der liberalen Wirtschaftsreformen, die unter der Regierung der nationalistischen Bharatiya-Janata-Partei (BJP) des bisherigen Ministerpräsidenten Bihari Vajpayee fortgesetzt und ausgeweitet wurden. Diese Politik war jedoch offenbar mit ein Grund für die überraschende Niederlage der BJP und den Sieg der Kongresspartei bei der in der vergangenen Woche abgeschlossenen Parlamentswahl. (AP)