Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) drängt auf größere Anstrengungen zur Ausbildung von Jugendlichen mit Migrationshintergrund. Eine Ausbildung für junge Migranten müsse "selbstverständlich" werden, denn zu oft scheitere deren Bewerbung immer noch an ihrem Namen oder Äußeren, sagte Merkel beim Integrationsgipfel am Montag in Berlin. Die Integrationsbeauftragte der Regierung, Aydan Özoguz (SPD), beklagte, Migranten würden oft selbst dann "aussortiert, wenn sie ein 1,9-Abitur haben".
"Jeder weiß: Deutschland wird immer vielfältiger", sagte Merkel und verwies auf den im vergangenen Jahr mit 1,2 Millionen Zugezogenen höchsten Einwanderungsstand seit 20 Jahren. Deutschland komme dabei einerseits seiner "humanitären Verpflichtung" nach, indem es notleidende Menschen aus der ganzen Welt aufnehme. Andererseits sei Deutschland aber auch aus wirtschaftlichen Gründen "interessant und attraktiv" und biete jungen Migranten aus Europa die Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Damit erwachse dem Land eine Chance, aber auch eine Herausforderung.
Stärkere Betreuung von Migranten in der Schule
Merkel verwies auf die im Koalitionsvertrag vereinbarte Allianz für Aus- und Weiterbildung, welche die Situation für Migranten im Bildungsbereich verbessern soll. Dafür bedürfe es der Mitwirkung des Staates, der Wirtschaft wie auch der Migranten selbst.
Zuvor hatte die Kanzlerin mit den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) einen Betrieb besucht, dessen Auszubildende zu rund einem Drittel einen Migrationshintergrund haben. Auf die bei dem Besuch gestellte Frage, wann Integration für sie gelungen sei, antwortete Merkel: Dann, wenn im Verhältnis "genauso viele Menschen mit Migrationshintergrund einen Schulabschluss, einen Studien- oder Ausbildungsplatz bekommen" wie alle anderen Menschen in Deutschland auch.
Vor allem für Bewerber mit türkischem oder arabischem Namen sei es nach wie vor besonders schwierig, eine Lehrstelle zu bekommen, sagte Özoguz dem Sender NDR Info. Einerseits liege dies an den aktuellen Konflikten in der Welt. Andererseits hätten beispielsweise viele türkische Eltern, die als Gastarbeiter ins Land gekommen seien, ihre Kinder im deutschen Bildungssystem nicht ausreichend unterstützen können. Jugendliche aus Migrantenfamilien müssten daher nach der Schule stärker betreut werden.
"Chancengleichheit im Bewerbungsprozess"
Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes und die Türkische Gemeinde des Bundes warben für anonymisierte Bewerbungsverfahren. Diese seien "ein ganz wichtiges Instrument für Chancengleichheit im Bewerbungsprozess", erklärte die Leiterin der Antidiskriminierungsstelle, Christine Lüders. "Durch das anonymisierte Bewerbungsverfahren könnte gewährleistet werden, dass die Bewerberinnen und Bewerber zumindest zum Vorstellungsgespräch eingeladen werden", sagte der Bundesvorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Safter Cinar.
Auch die IG Metall bezeichnete anonymisierte Bewerbungen als geeignete Maßnahme gegen Ausgrenzung. "Politik und Wirtschaft müssen gemeinsam gegen die strukturelle Diskriminierung auf dem Arbeitsmarkt vorgehen", erklärte IG-Metall-Vorstandsmitglied Christiane Benner.
Die Ausbildungssituation von Jugendlichen mit Migrationshintergrund stand im Mittelpunkt des siebten Integrationsgipfels, zu dem Merkel ins Kanzleramt geladen hatte.