Über dem Asphalt der Abi-Nawas-Straße in Bagdad flimmert gnadenlos die Hitze, ein Eukalyptusbaum lässt ergeben die Blätter hängen. US-Feldwebel Donald Stretz starrt auf den Tigris, doch vor seinem inneren Auge sieht er etwas anderes: ein mexikanisches Lokal in Mount Kisco im US-Staat New York. "Ich wünschte, ich könnte jetzt dort sein", sagt Stretz mit Schweiß überströmtem Gesicht, "und ein eiskaltes Corona mit Limette trinken."
Nachmittags um 15.00 Uhr ist es in Bagdad im Schatten 43 Grad heiß. Unter der mesopotamischen Sonne rösten die Besatzungssoldaten in ihren langärmeligen Uniformen wie Ameisen unter einer Lupe. "Es fühlt sich an, als ob dir jemand einen Fön ins Gesicht hält", sagt der 22-jährige Feldwebel Daniel Conforti aus New York.
Erlösung nicht in Sicht
Und Erlösung ist nicht in Sicht: Der Juni sei vielmehr noch ein relativ milder Monat, versichern die Einheimischen. "Das ist noch gar nichts", bekommen die Soldaten immer wieder von Irakern zu hören, die sich ein Grinsen oft nicht verkneifen können. "Wartet erst einmal den Juli und den August ab." In diesen Monaten klettert das Thermometer oft bis zur 55-Grad-Marke.
Vor der Hitze gibt es für die Soldaten kein Entrinnen: In Bagdad gibt es für sie weder Klimaanlagen noch Swimmingpools. Abkühlung bedeutet hier, sich auf einem Stuhl im Schatten niederzulassen und mit einem Babytuch den Schweiß von der Stirn zu wischen. Auch die Nächte sind kein echtes Vergnügen, wenn die Soldaten bei kaum niedrigeren Temperaturen in Shorts auf ihren Feldbetten kleben.
"Sie tun mir leid", sagt der 73-jährige Hadsch Talib Taha mit einem Blick auf zwei in gleißender Hitze im Stau feststeckende Humvee-Geländewagen auf der El-Raschid-Straße. Andere Iraker meinen, die Amerikaner hätten sich schon vor der Invasion über das Wetter im Klaren sein müssen. "Sie sind hierher gekommen, um ihre Arbeit zu erledigen", sagt der 18 Jahre Mohammed Jassim, der auf einem Markt auf dem Tahrir-Platz Raubkopien von CDs verkauft. "Sie müssen die Hitze aushalten, genau wie wir." Zugleich räumt er aber ein, dass die Soldaten in ihrer vollen Montur besonders leiden müssen.
„Wie in einem Müllsack“
Im Gegensatz zu den anderen Truppen in Irak haben die Amerikaner offenbar keine Sommeruniformen. Bei jedem Wetter tragen sie lange Hosen, Springerstiefel und Kevlar-Helme. Unter ihren kugelsicheren Westen haben sie T-Shirts an und lassen allenfalls das Unterhemd weg. Dazu schleppen sie oft mehrere Kilogramm schwere Ausrüstung mit sich herum.
Das Outfit würde besser zu Minusgraden passen, meinen die Soldaten. "Man fühlt sich wie in einem Müllsack, der oben und unten aufgeschnitten wurde", sagt der 39 Jahre alte Feldwebel Ray Poole aus Florida, der in der Mittagshitze ein Tor bewacht. Ihm läuft der Schweiß an Brust und Rücken hinunter und durchnässt seine Socken. Poole deutet auf die nassen Flecken in seinen Stiefeln, aus denen der Schweiß austritt.
Erst bei Sonnenuntergang zurück auf die Straße
Anderen geht es zumindest etwas besser. Die nepalesischen Gurkhas, die einen Palast bewachen, tragen kurzärmelige T-Shirts und Mützen. Die meisten Einheimischen ziehen sich nach dem Essen zum Mittagsschlaf auf ein schattiges Plätzchen unter einen Ventilator zurück und kehren erst bei Sonnenuntergang auf die Straße zurück.
Dabei hat die Hitze auch ihre Vorteile: Eine Tasse Kaffee bleibt heiß. Teekochen bedeutet hier, eine Wasserflasche mit Teebeuteln auf das Armaturenbrett zu stellen. Auch an heißem Duschwasser herrscht auf den US-Stützpunkten kein Mangel. Doch für die Gesundheit bedeutet das Wetter eine Belastung. Stretz erzählt, er habe nach einem Tag im Freien an Schwindel und Übelkeit gelitten. Sanitäter verabreichten im acht Flaschen Salzlösung, danach ging es ihm besser.