ISRAEL Israel: Keine Zurückhaltung mehr

Nach dem Anschlag eines Selbstmordattentäters hat Israel seine Politik der Zurückhaltung aufgekündigt. Kommt es zu einer Eskalation der Gewalt?

Nach dem Anschlag eines Selbstmordattentäters in Tel Aviv, dem am Freitagabend vor einer Diskothek mindestens 17 Israelis zum Opfer gefallen sind, hat Israel seine kürzlich erklärte Politik der Zurückhaltung aufgekündigt. Das Kabinett teilte am heute nach einer siebenstündigen Krisensitzung mit, es mache den palästinensischen Präsidenten Jassir Arafat für die Bluttat verantwortlich.

Arafat ist gesprächsbereit

Die israelischen Kabinettsminister wiesen ein Angebot Arafats über einen Waffenstillstand zurück. Das Angebot sei nicht ernst zu nehmen, wenn Arafat nicht islamische Extremisten festnehme und seine Sicherheitskräfte unter Kontrolle bringe. Es gebe jedoch keine Pläne, Arafat direkt anzugreifen, hieß es. Arafat hatte am Mittag nach einem Treffen mit Bundesaußenminister Joschka Fischer in Ramallah erklärt: »Wir sind bereit, unser Möglichstes zu tun, um das Blutvergießen unseres Volkes und der Israelis zu beenden.«

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Die Folgen des Anschlags:

stern.de: »Sie wollten nur tanzen und Spaß haben«

stern.de: Totale Blockade der Palästinensergebiete

stern.de: Scharon sagt Deutschland-Besuch ab

stern.de: Nach Anschlag: Fischer trifft Arafat

stern.de: Chronologie des Grauens

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»Tod den Arabern«

Vor dem Verteidigungsministerium in Tel Aviv, in dem das Kabinett zu seiner Sitzung zusammentrat, versammelten sich am Morgen aufgebrachte Israelis und forderten eine scharfe Vergeltung. Sie riefen »Tod den Arabern« und warfen Steine auf eine Moschee.

Bundeskanzler Gerhard Schröder und Fischer verurteilten das Attentat scharf. In einer Botschaft an Scharon verband Schröder seine Beileidsbekundung mit einem eindringlichen Appell zum Frieden. »Den feigen Attentätern darf es nicht gelingen, Ihr Land und die gesamte Region in eine noch größere Katastrophe zu stürzen«, schrieb Schröder. Er bat Scharon, sich nicht von den Bemühungen um eine friedliche Lösung des Konflikts abbringen zu lassen.

Appell von Joschka Fischer

Fischer sei entsetzt über den Anschlag, hieß es in einer Erklärung des Auswärtigen Amts. An Israel habe Fischer appelliert, »sich durch dieses verabscheuungswürdige Verbrechen nicht vom Weg des Friedens abbringen zu lassen«. Auch die EU zeigte sich entsetzt. In einer Stellungnahme hieß es, die palästinensische Autonomiebehörde müsse alles tun, um solche Anschläge in Zukunft zu verhindern.