Das türkische Staatssicherheitsgericht in Istanbul hat den Prozess gegen 69 mutmaßliche Hintermänner der Anschläge von Istanbul kurz nach seiner Eröffnung abgebrochen. Das Gericht erklärte am Montagmittag, nach einer Justizreform im vergangenen Monat sei es nicht mehr für den Fall zuständig. Ein anderes Gericht werde das Verfahren übernehmen müssen. Die Richter folgten damit einem Antrag der Verteidigung.
Die Staatsanwaltschaft fordert lebenslängliche Haft für die fünf Hauptverdächtigen, den anderen drohen Strafen zwischen viereinhalb und 22 Jahren Haft. Bei den Bombenanschlägen auf zwei Synagogen, das britische Konsulat und eine britische Bank waren im vergangenen November 61 Menschen getötet worden.
150.000 Dollar für die Anschläge
Die Verteidigung hatte zu Prozessbeginn an der Zuständigkeit des Gerichts gezweifelt. Nach einer bereits beschlossenen Justizreform werde das Gericht in wenigen Monaten aufgelöst, sagten die Anwälte. Die Angeklagten sollten daher vor den neu einzurichtenden Tribunalen gehört werden. Das türkische Parlament hatte im Mai entschieden, die staatlichen Sicherheitsgerichte aufzulösen, die bislang über Terroristen urteilten.
In der Anklageschrift hieß es, der mutmaßliche Anführer der Zelle, Habib Akdas, und zwei Komplizen, Baki Yigit und Adnan Ersoz, hätten sich mehrmals mit Abu Hafs al Masri getroffen, einem ehemaligen ranghohen Stellvertreter von Terrorchef Osama bin Laden. Al Masri habe daraufhin 2001 in Afghanistan ein Treffen zwischen Akdas und Yigit mit Bin Laden arrangiert. Yigit sitzt derzeit in Haft und sagte aus, al Masri und Bin Laden hätten zunächst Anschläge auf den türkischen Stützpunkt Incirlik und auf israelische Schiffe im Hafen von Mersin erwogen. Dieser Plan sei jedoch wegen der strengen Sicherheitsvorkehrungen geändert worden.
Die Zelle verlangte nach Angaben der Staatsanwaltschaft 150.000 Dollar (123.000 Euro) für die Anschläge von Istanbul und erhielt diese im vergangenen Jahr über Mittelsmänner in Europa und in Iran. Mehrere Anführer der Zelle sind auf der Flucht und werden im Ausland vermutet.