Jegor Gaidar Russlands "Schocktherapeut" im Alter von 53 Jahren verstorben

Der russische Wirtschaftsreformer und frühere russische Ministerpräsident Jegor Gaidar ist tot. Der 53-Jährige ist wegen der schnellen Umstellung Russlands von der Plan- auf die Marktwirtschaft umstritten ist.

Der russische Wirtschaftsreformer und frühere russische Ministerpräsident Jegor Gaidar ist tot. Der 53-Jährige, der wegen der schnellen Umstellung Russlands von der Plan- auf die Marktwirtschaft umstritten ist, starb nach Angaben seines Sprechers in der Nacht zu Mittwoch an einem Blutgerinnsel. Gaidars Entscheidung, 1992 auf einen Schlag für fast alle Produkte Marktpreise einzuführen, war als "Schocktherapie" bezeichnet worden.

Gaidar sei gestorben, während er an seinem Schreibtisch an einem Buch arbeitete, sagte sein Sprecher Waleri Natarow der Nachrichtenagentur AFP. Gaidar war 1956 in Moskau als Spross einer bekannten russischen Familie geboren worden. Sein Großvater war der Schriftsteller Arkadi Gaidar, sein Vater Timur Gaidar ein Militärjournalist. Jegor Gaidar begann seine Karriere als Wirtschaftsjournalist, unter anderem bei der sowjetischen Parteizeitung "Prawda".

Nach dem Zusammenbruch des Kommunismus holte ihn der damalige russische Präsident Boris Jelzin als Wirtschaftsberater in seine Regierung. Gaidar war stellvertretender Ministerpräsident und für kurze Zeit auch Regierungschef. 1994 wechselte er die Seiten und schloss sich der liberal-demokratischen Oppositionspartei Russlands Wahl an. Da die Partei den Einzug ins russische Parlament verfehlte, verschwand auch Gaidar von der großen politischen Bühne. Während eines Besuchs in Irland im November 2006 fühlte Gaidar sich unwohl und äußerte den Verdacht, er sei absichtlich vergiftet worden.

Gaidar ist insbesondere wegen seiner Entscheidung umstritten, 1992 gleichzeitig für fast alle Produkte Marktpreise einzuführen. Die schlagartigen Veränderungen brachten für viele Russen tiefe Einschnitte mit sich. Außerdem hatte Gaidar zusammen mit Anatoli Tschubais die Privatisierung von Staatsbesitz in die Wege geleitet. Sie wurden dafür kritisiert, dass davon nur eine kleine Elite profitiert habe. Kritik kam auch wegen der Unerfahrenheit Gaidars und vieler seiner Mitstreiter auf, die damals erst um die 30 Jahre alt waren.

Der letzte sowjetische Staatschef, Michail Gorbatschow, würdigte Gaidar als Mensch und kritisierte zugleich seine Politik. "Als Person hatte ich eine sehr warmherzige Beziehung zu ihm", sagte Gorbatschow der russischen Nachrichtenagentur ITAR-TASS. Gaidar sei mit großen Hoffnungen in die Politik gegangen, aber er habe sie leider "mit einem Schlag" umsetzen wollen.

AFP
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