Wer ruft das britische Unterhaus künftig zur Ordnung? Die Abgeordneten in London entscheiden am Montag (von 15.30 Uhr MEZ an) über die Nachfolge von Parlamentspräsident John Bercow, der mit seinen markanten "Ooorder"-Rufen international Bekanntheit erlangte. Er hatte das Amt am 31. Oktober niedergelegt.
Zur Wahl als "Speaker of the House of Commons" stehen mehrere Kandidaten. Sie stellen sich zunächst der Reihe nach dem Parlament vor. Sodann wird solange in geheimer Wahl abgestimmt, bis ein Bewerber die absolute Mehrheit erhält. In jeder Runde scheiden der Abgeordnete mit den wenigsten Stimmen sowie alle Kandidaten mit weniger als fünf Prozent Zustimmung aus.
Wer folgt auf John Bercow als 158. "Speaker"?
Als Favoriten gelten die Labour-Abgeordneten Lindsay Hoyle, bisher Vize-Sprecher, und Harriet Harman, die dienstälteste Parlamentarierin. Von den Konservativen werden Eleanor Laing die besten Chancen eingeräumt. Da die Regierung von Premierminister Boris Johnson keine Mehrheit im Unterhaus hat, dürfte sie wieder mit einem für sie unangenehmen Parlamentspräsidenten konfrontiert werden.
Bereits in der Nacht zum Mittwoch soll das Parlament dann aufgelöst werden für die anstehende Neuwahl am 12. Dezember. Dann muss auch der "Speaker" im Amt bestätigt werden; nach den Parlamentswahlen 2015 und 2017 geschah dies jeweils ohne Wahl.
Bercow war der 157. "Speaker" und seit 2009 im Amt. Im Streit über den geplanten EU-Austritt des Landes kritisierten vor allem Brexit-Hardliner den Politiker, der aus Amtsgründen seine Verbindungen mit den Konservativen trennte, als parteiisch.
Darum ist der Parlamentspräsident so wichtig
Der Parlamentspräsident hat eine zentrale Rolle im Unterhaus inne. Er erteilt und entzieht Abgeordneten das Wort, entscheidet über die Zulässigkeit von Anträgen und vertritt die Kammer unter anderem gegenüber der Königin und dem Oberhaus (House of Lords).

Mehrmals setzte sich der 56-jährige Bercow über Konventionen hinweg, damit sich die Abgeordneten im Brexit-Streit mit der Regierung durchsetzen konnten. Bercow rechtfertigte das mit einem immer stärker autoritären Regierungsstil. Viele Parlamentarier lobten, er habe die Rechte des Unterhauses gegenüber der Regierung gestärkt.