Die großen blauen Augen und die hochgezogenen Brauen brachten José Luis Rodríguez Zapatero (spanisch für "Schuster") den Spitznamen "Bambi" ein. Er wirkt mit seinem jungenhaften Gesicht charmant und freundlich. Obendrein ist er sportlich, schlank und gut aussehend. Gegner spöttelten lange: "Der ideale Schwiegersohn."
Der 43-jährige spanische Sozialist bewies jedoch, dass er nicht nur sanft und treuherzig sein kann, sondern auch vor schweren Entscheidungen nicht zurückschreckt. Das Amt als Ministerpräsident Spaniens wird ihm viel Mut und Härte abverlangen.
Die neue sozialistische Regierung steht vor schwierigen Aufgaben. Seit den Attentaten in Madrid mit knapp 200 Toten geht in Spanien die Angst vor dem Terror islamistischer Fanatiker um. Bis Ende Juni muss Zapatero entscheiden, ob er die spanischen Soldaten aus dem Irak zurückzieht.
Proamerikanischer Kurs auf dem Prüfstand
Schon als Oppositionsführer zeigte er, dass er, wenn es darauf ankommt, kein scheues "Bambi"-Reh ist. Im Irak-Konflikt stellte er sich dem proamerikanischen Kurs seines Vorgängers José María Aznar ohne Wenn und Aber entgegen, obwohl Teile seiner Partei für eine gemäßigte Linie plädierten. Zapatero ließ keinen Zweifel daran, dass er den Irak-Krieg für nicht gerechtfertigt und für illegal hielt.
Entschlussfreudigkeit bewies er auch, als er vor vier Jahren als Außenseiter für das Amt des Parteichefs der Sozialisten (PSOE) kandidierte. Man gab ihm damals gegen den großen Favoriten José Bono kaum eine Chance. Aber Zapatero erwies sich als Siegertyp und gewann die Kampfabstimmung, obwohl er weitgehend unbekannt war.
Ruf des Langweilers
Als neuer Parteichef handelte er sich anfangs mit seinem "Schmusekurs" gegenüber der konservativen Aznar-Regierung den Ruf des Langweilers ein. Die Medien verspotteten ihn als gescheiterten "Superman" und nannten ihn "Sosomàn", wobei das Wort "soso" langweilig bedeutet. Aber Zapatero, der nie einen anderen Beruf als den des Politikers ausübte, ist kein Mensch, der mit der Faust auf den Tisch schlägt. Er geht persönlichen Konflikten nach Möglichkeit aus dem Weg, hört seinem Gegenüber geduldig zu und sucht den Konsens.
Der PSOE schloss er sich bereits als 16-Jähriger an, weil ihn eine Kundgebung mit dem damaligen PSOE-Chef Felipe Gonzàlez beeindruckt hatte. Zapatero ist kein Ideologe, der für bestimmte Ideen steht, sondern ein Pragmatiker, dessen Stärke darin liegt, unterschiedliche Strömungen zu vereinen.