Aus Protest gegen die Wirtschaftsmisere, den Sparkurs der Regierung und die hohe Arbeitslosigkeit in Spanien halten Demonstranten den siebten Tag in Folge zahlreiche Plätze im ganzen Land besetzt. Sie trotzen damit auch am Samstag einem Demonstrationsverbot, das die zentrale Wahlbehörde wegen der Regional- und Kommunalwahlen an diesem Sonntag verhängt hatte. Die größtenteils jungen Protestler rufen das spanische Volk dazu auf, nicht für José Luis Rodríguez Zapateros Sozialistische Partei (PSOE) und auch nicht für die oppositionelle konservative Partido Popular zu stimmen.
Die Polizei bekam von der Regierung die Anweisung, die Kundgebungen zu dulden, solange diese friedlich verlaufen. Damit soll eine Eskalation vermieden werden. Ein Sprecher der Protestbewegung "Echte Demokratie Jetzt!" lobte in Madrid das Verhalten von Demonstranten und Polizei.
Zehntausende gehen auf die Straße
In zahlreichen Städten waren am Freitagabend erneut Zehntausende Menschen auf die Straße gegangen, um politische und soziale Reformen in dem Krisenland zu fordern. Im Zentrum Madrids strömten nach Angaben der Polizei rund 25.000 Demonstranten auf den seit Anfang der Woche besetzten Platz der Puerta del Sol, landesweit waren es nach Medienberichten etwa 60.000. Viele Protestler campten auf dem zentralen Platz. Kurz vor Mitternacht hielten sie eine Schweigeminute ab, beim Glockenschlag brachen sie in laute Rufe aus. Großkundgebungen gab es auch in Barcelona, Valencia und Sevilla. Insgesamt hatte die Protestbewegung der "Empörten" zu Kundgebungen in rund 150 Städten aufgerufen.
Der spanische Ministerpräsident Zapatero äußerte erneut Verständnis für die Proteste. "Die Forderungen und Demonstrationen machen uns keine Angst, sondern verpflichten uns, nach Lösungen zu suchen", sagte er auf einer Wahlkampfveranstaltung am Freitagabend in Madrid. Zapateros Sozialisten müssen bei den Wahlen am Sonntag mit einer herben Niederlage rechnen.
Das hoch verschuldete Spanien muss bislang zwar keine Hilfen von Europäischer Union (EU) und Internationalem Währungsfonds (IWF) in Anspruch nehmen. Der Preis dafür ist aber ein harter Sparkurs. Die wirtschaftliche Erholung verläuft schleppend, die Arbeitslosigkeit ist mit einer Quote von 21,3 Prozent so hoch wie in keinem anderen EU-Land. Unter den 18- bis 25-Jährigen liegt sie sogar bei 45 Prozent. Viele davon müssen noch bei ihren Eltern leben, weil sie keinen Job finden. Der IWF sprach bereits von einer "verlorenen Generation".