Tony Abbott war nach der Niederlage der Liberalen vor drei Jahren gegen die Labour-Partei nicht erste Wahl als Oppositionsführer. Aber der 52-Jährige, der wegen seines politischen Stils in Australien auch der "verrückte Mönch" genannt wird, biss sich durch und wurde dritter Oppositionsführer seit 2007. Nach der Parlamentswahl am Samstag hat er gute Chancen, Ministerpräsidentin Julia Gillard nach nur zwei Monaten im Amt abzulösen.
Die Wahl endete mit einem Patt zwischen den beiden großen Parteien, doch Abbott wurden am Sonntag gute Aussichten eingeräumt, mit Hilfe von unabhängigen Abgeordneten eine neue Regierung zu bilden. Knappe Entscheidungen sind für ihn ohnehin nichts Neues: Im vergangenen Dezember setzte er sich mit nur einer Stimme Vorsprung als Oppositionsführer durch.
Abbott wollte eigentlich Priester werden. Als Sohn australischer Eltern in London geboren, wuchs er in Sydney auf, wo er noch heute mit seiner Ehefrau und drei Töchtern lebt.
Wie seine sozialdemokratische Rivalin Gillard studierte auch Abbott Jura, wählte dazu allerdings auch Wirtschaftswissenschaften und ging als Stipendiat nach Oxford. Nach seiner Rückkehr nach Sydney schrieb er sich in einem Priesterseminar ein, das er allerdings kurz darauf wieder verließ. Stattdessen wurde er Journalist, Mitarbeiter der Liberalen Partei und 1994 schließlich Abgeordneter des Parlaments. Zwischen 1998 und 2007 war er Minister für Arbeit, Wirtschaft und Gesundheit.
Seine Kritiker nennen Abbott gerne "den verrückten Mönch", eine Anspielung auf seine Vergangenheit im Priesterseminar, seinen Ruf als politischer Haudegen und seinen Namen, der - allerdings nur mit eine "t" - Abt bedeutet. In seiner Freizeit ist er ein begeisterter Schwimmer und nimmt an Wettbewerben der Rettungsschwimmer in Sydney teil. Sein Bild als konservativer Macho hat ihm allerdings wenig Begeisterung bei weiblichen Wählern eingetragen.
Abbott hat angekündigt, das Problem des Menschenschmuggels nach Australien anzugehen. Er will befristete Visa einführen, damit die Menschen nach einer Besserung der Lage in ihrer Heimat wieder zurückkehren. Er betonte, sein katholischer Glaube habe noch nie seine politischen Entscheidungen beeinflusst. Kritiker verweisen jedoch darauf, dass er als Gesundheitsminister die Abtreibungspille in Australien verbieten wollte. Das Parlament hob die Entscheidung 2006 auf.