Kommunalwahlen in England Blonder Tory erobert London

Debakel für die Labour-Partei: Auch in der Hauptstadt London konnten sich die Konservativen durchsetzen. Künftiger Bürgermeister ist der Oxford-Absolvent Boris Johnson. Weil die Labour-Partei landesweit nur drittstärkte Kraft wurde, wächst der Druck auf Premier Brown.

Nach dem Sieg der Tories bei den Kommunalwahlen in England und Wales sowie in der britischen Hauptstadt ist der neue Londoner Bürgermeister Boris Johnson von seiner Partei gefeiert worden. Der Sieg Johnsons über den Labour-Amtsinhaber Ken Livingstone, der London acht Jahre lang regiert hatte, verkörpere symbolträchtig die Wiedergeburt der Konservativen Partei, erklärte deren Vorsitzender David Cameron am Samstagmorgen. Die Tories würden nun Kurs nehmen auf die Übernahme der politischen Macht auf nationaler Ebene. Zu den ersten Gratulanten gehörte auch der Bürgermeister von New York, Michael Bloomberg. Johnson war kurz nach Mitternacht von der Wahlkommission zum Sieger erklärt worden. Er kam auf 53 Prozent der Stimmen, während Livingstone nur 47 Prozent erhielt.

Der 43-jährige Johnson erklärte, er gehe zwar nicht davon aus, dass sich London über Nacht in eine konservative Stadt verwandelt habe. Er glaube in dem Ergebnis aber erkennen zu können, dass die Menschen den Konservativen wieder vertrauten. Johnson - ein früherer Journalist, der in Oxford studiert hat - verwaltet nun ein Budget von 22 Milliarden Dollar in Europas größter Finanzmetropole mit mehr als sieben Millionen Menschen. Er wird London zudem auf die Olympischen Spiele 2012 vorbereiten.

Livingston gesteht Niederlage ein

Er wolle ein Bürgermeister für alle Londoner sein und auch jene Wähler vertreten, die nicht für ihn gestimmt hätten, erklärte er. "Wir werden uns auf die Hauptinteressen der Bürger von London konzentrieren", sagte Johnson. Livingstone gestand seine Niederlage ein. Er bedankte sich bei allen, die ihn in dem Kopf-an-Kopf-Rennen gegen den Herausforderer unterstützt hatten. "Boris, die nächsten Jahre als Bürgermeister Londons werden die aufregendsten ihres Lebens sein", sagte Livingstone.

Derweil wuchs der politische Druck auf Premierminister Gordon Brown, die volle Verantwortung für das Wahldebakel seiner Labour- Partei zu übernehmen und zu erklären, wie er sich die Erneuerung von Labour vorstelle. Die Regierungspartei blieb mit einem Stimmenanteil von 24 Prozent nur noch drittstärkste politische Kraft des Landes. Die Konservativen lagen mit 44 Prozent weit vorn. Die Liberaldemokraten kamen auf 25 Prozent. Insgesamt erlitt die Labour-Partei bei den Kommunalwahlen ihre schwerste Niederlage seit rund 40 Jahren.

Die Schlappe gilt als Denkzettel für Brown, für den die Abstimmung der erste Stimmungstest seit seinem Amtsantritt vor knapp einem Jahr war. Bis zur nächsten Parlamentswahl - die spätestens Mitte 2010 stattfinden muss - steht dem ehemaligen Schatzkanzler nun eine schwierige Zeit bevor.

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Reuters/DPA