Die Ermittlungen zu den schweren Bombenanschlägen in Madrid konzentrieren sich Zeitungsberichten zufolge auf eine Islamisten-Gruppe in Marokko, die Verbindungen zur El-Kaida-Organisation haben soll.
Auf diese Spur geführt wurden die Ermittler durch einen der drei im Zusammenhang mit den Anschlägen festgenommenen Marokkaner, wie die spanische Zeitung "El Pais" am Montag berichtete. Jamal Zougam soll Kontakte zu den mutmaßlichen Drahtziehern der Selbstmordanschläge im marokkanischen Casablanca vom vergangenen Mai gehabt haben, bei denen 45 Menschen getötet wurden. Zougams Name wurde auch mehrmals in einer Klage eines spanischen Gerichts genannt, die im Zuge von Ermittlungen gegen radikale Moslems wegen der Anschläge vom 11. September 2001 erhoben wurde.
"Wir werden Madrid mit Toten füllen"
Im Rahmen der Ermittlungen hat die spanische Polizei außerdem einen verdächtigen Algerier festgenommen. Der Algerier Ali Amrous war im Januar in Zusammenhang mit einer Ordnungswidrigkeit von der Polizei vernommen worden. Damals erklärte er nach offiziellen Angaben: "Wir werden Madrid mit Toten füllen". Es werde jedoch bezweifelt, dass der Verdächtige Kontakt zu terroristischen Gruppen habe. Möglicherweise habe er jedoch im Voraus von den Anschlägen erfahren. Das werde derzeit geprüft. Die Zeitung 'El Pais' berichtete, die Behörden hätten fünf weitere verdächtige Marokkaner identifiziert. Die Zahl der Todesopfer der Anschläge stieg, nachdem eine 45-jährige Frau ihren Verletzungen erlag, am Dienstag auf 201.
Zusammenhang mit Anschlägen von Casablanca bestritten
In marokkanischen Regierungskreisen wurde allerdings ein Zusammenhang der Anschlagserien von Madrid und Casablanca bestritten. Dagegen vermutet auch die US-Regierung die El Kaida des Moslem-Extremisten Osama bin Laden hinter den Anschlägen auf vier Pendlerzüge in Madrid.
Marokkanische Behörden hatten am Sonntag den 30-jährigen Zougam zwar als einen der drei in Spanien festgenommen Marokkaner identifiziert. Aus Regierungskreisen in Rabbat hieß es aber nun: "Es gibt verschiedene Gruppen, alle beanspruchen Verbindungen zur El Kaida, aber die Schlussfolgerung, dass dies alles Teil eines gemeinsamen Plans ist - erst Casablanca, dann Madrid - ist etwas an den Haaren herbeigezogen."
In der im vorigen September in Spanien erhobenen Klage heißt es, Zougams Haus in Spanien sei 2001 in Amtshilfe für die französischen Behörden durchsucht worden. Hintergrund seien Ermittlungen gegen radikale Moslems gewesen. Dabei wurde der Klage zufolge eine Handy-Nummer von Imad Eddim Barakat Yarkas gefunden, der auch als Abu Dahdah bekannt sei und als El-Kaida-Chef in Spanien gelte. Abu Dahdah ist in Spanien im Zusammenhang mit den Anschlägen auf das New Yorker World Trade Center und das Verteidigungsministerium bei Washington am 11. September 2001 angeklagt. Zougam gilt der Klage zufolge als Anhänger Dahdahs und soll diesen damals wenige Tage vor den Anschlägen angerufen haben. Angeklagt wurde Zougam in dem Verfahren aber nicht.
Indizien für Selbstmordanschlag
Ein weiteres Indiz für Moslem-Extremisten als Drahtzieher der Madrid-Anschläge könnte sein, dass nach Einschätzung von Gerichtsmedizinern auch einer der Attentäter bei den Anschlägen ums Leben kam. Unklar sei aber noch, ob dies als Folge eines Selbstmordanschlags geschah oder ob die Bombe zu früh zündete. Ein Selbstmordanschlag wäre Sicherheitsexperten zufolge ein Indiz für einen islamistischen Hintergrund der Tat. Als Drahtzieher der Selbstmordanschläge in Casablanca von vergangenem Jahr gilt eine Gruppe namens Salafisten Dschihad.
Die spanischen Ermittler gehen davon aus, dass die Bomben in vier Pendlerzügen in Madrid durch Mobiltelefone in Reisetaschen gezündet worden sind. Im Zusammenhang mit einem Handy mit gefälschter SIM-Karte, das am Tatort in einer mit Sprengstoff gepackten Tasche gefunden wurde, waren am Samstag die drei Marokkaner und zwei Inder festgenommen worden. Aus Polizeikreisen hieß es, die beiden Inder hätten ausgesagt, das Handy an die Marokkaner verkauft zu haben. Sie wurden inzwischen wieder aus der Haft entlassen. Am Donnerstag waren in voll besetzten Zügen zehn Bomben detoniert. Dadurch wurden 200 Menschen getötet und rund 1500 verletzt.
Der Abteilungsleiter im US-Heimatschutzministerium, Asa Hutchinson, sagte dem TV-Sender NBC: "Ich bin überzeugt, dass es Verbindungen zu El Kaida gibt." Allerdings sei deren Umfang noch unklar. Die Anschläge in Spanien zeigten, dass El Kaida anpassungsfähiger werde.