Das Untersuchungsgefängnis Paloquemao liegt in einer unscheinbaren Seitenstraße am Rand des Zentrums von Bogotá. Schon in der Früh bilden sich vor der gewaltigen Betonfestung lange Besucherschlangen. Frauen liefern ihren inhaftierten Männern warmes Essen, Freundinnen kommen für ein paar Schmusestunden, Mütter bringen ihren Söhnen Seife, Kekse, Zigaretten.
Den stern-Reporter wollen die Wärter zunächst nicht hineinlassen, weil er Ausländer ist. Nach einer zweistündigen Einlasskontrolle führt ihn ein Beamter schließlich doch in einen kleinen vergitterten Innenhof im 3. Stock. Dort warten die Gefängnisinsassen schon auf ihre Besucher. Einmal pro Woche, jeden Samstag, dürfen sie drei Stunden mit je einem Gast verbringen.
Der Vater der Dschungelkinder gilt jetzt als Kinderschänder
Ein breitgebauter Mann in Jeans und langem schwarzem Hemd empfängt an einem Tisch, an dem er schon zwei Stühle bereitgestellt hat: Manuel Ranoque, 33, laut Anklageschrift "1,70 Meter groß, Haut: braun, Körperbau: füllig".
Er ist der Mann, der seine Frau Magdalena bei jenem berühmt gewordenen Flugzeugabsturz am 1. Mai im Amazonas verlor und seine vier Kinder nach 40 Tagen der verzweifelten Suche im Dschungel lebend wiederfand. Sein Bild ging um die Welt und schaffte es auch auf den Titel des stern. Es zeigt ihn in inniger Umarmung mit seinen Kindern Cristin (1), Tien (5) und seinen Stieftöchtern Soleiny (9) und Lesly (damals 13). Der Vater der Dschungelkinder.
Das Happy End des Jahres.
So schien es.
Jetzt soll Manuel Ranoque ein Kinderschänder sein.