Die Lage in Myanmar bleibt explosiv: In der Metropole Rangun gingen die Sicherheitskräfte der Militärjunta am Freitag den dritten Tag in Folge mit Gewalt gegen tausende Demonstranten vor. Dabei fielen erneut Schüsse, wie westliche Diplomaten bestätigten. Über Tote oder Verletzte gab es bis zum Abend keine offiziellen Angaben. Unterdessen liefen die internationalen Bemühungen weiter, das Militärregime zum Einlenken zu bewegen. Der UN-Sonderbeauftragte Ibrahim Gambari, der sich um eine Entschärfung der Lage bemühen soll, wurde an diesem Samstag im Land erwartet.
Nach Meldungen des birmanischen Staatsfernsehens waren am Mittwoch und Donnerstag zehn Menschen bei den Protesten getötet worden, darunter ein japanischer Pressefotograf. Westliche Diplomaten in Rangun gehen indes davon aus, dass die Zahl der Opfer tatsächlich wesentlich höher liegt. Eine schwedische Diplomatin in Rangun berichtete im Gespräch mit der Zeitung "Svenska Dagbladet" (Internetausgabe) von einem Augenzeugen, der 35 Leichen gesehen habe.
Tödlicher Angriff auf den japanischen Pressefotografen Kenji Nagai
Die Sicherheitskräfte erklärten unterdessen fünf Pagoden und Klöster in der Metropole Rangun zu "Sperrgebieten", um weitere Demonstrationen zu unterbinden. Dazu gehörten auch die Shwedagon- und die Sule-Pagode, von denen die friedlichen Protestmärsche der Mönche ihren Ausgang genommen hatten. Obwohl in geringerer Zahl, versammelten sich bereits Freitagmittag erneut mehrere hundert Demonstranten in der Nähe der Sule-Pagode. Die US-Geschäftsträgerin in Rangun, Shari Villarosa, sagte dem Nachrichtensender CNN, in der Stadt seien weniger Demonstranten auf den Straßen als am Vortag.
Erste Soldaten verweigern Gehorsam
Der oppositionelle Rundfunksender Voice of Burma berichtete unterdessen, in Myanmars zweitgrößter Stadt Mandalay hätten Soldaten der 33. Division den Gehorsam verweigert und nicht wie angeordnet auf Mönche und andere Demonstranten geschossen. Weiter meldete der in Oslo ansässige Sender, die Militärjunta habe am Freitag die Internetverbindungen mit dem Ausland abschalten lassen. Als offiziellen Grund habe die staatliche Telekomgesellschaft den Bruch eines Unterseekabels angegeben. Mails und Blogger-Berichte sowie über das Internet verschickte Videofilme von Privatpersonen waren in den vergangenen Tagen wichtige Informationsquellen zu den seit 20 Jahren größten Protestaktionen in Myanmar.
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon rief in New York die herrschende Militärjunta zu einem "konstruktiven Dialog" mit dem Sonderbeauftragten Gambari auf. Die Machthaber sollten den Weg zu einer "friedlichen" und "nationalen Aussöhnung" beschreiten. Das Weiße Haus verlangte unterdessen von der Militärjunta, Gambari müsse alle Konfliktparteien treffen können. Dazu zählten auch die religiösen Führer der Buddhisten, Verhaftete und die seit Jahren unter Hausarrest stehende Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi.
China soll Einfluss auf Junta verstärken
Wie zuvor US-Präsident George W. Bush forderte am Freitag auch der neue japanische Ministerpräsident Yasuo Fukuda China auf, seinen Einfluss auf die Militärjunta Myanmars mit dem Ziel einer friedlichen Lösung geltend zu machen. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) wollte bei einem Treffen mit dem chinesischen Außenminister Yang Jiechi in New York ebenfalls über die Situation in Myanmar und Einwirkungsmöglichkeiten Chinas ansprechen. China unterhält zu seinem Nachbarland enge wirtschaftliche und politische Kontakte. Auf Verlangen der Europäischen Union wurde für kommenden Dienstag eine Sondersitzung des Menschenrechtsrats der Vereinten Nationen nach Genf einberufen.
In London protestierten auch am Freitag hunderte Menschen vor der Botschaft von Myanmar. Mit einer Schweigeminute gedachten die Protestierenden der Toten in dem asiatischen Land. Bereits am Donnerstag hatten sich hunderte Demonstranten in London versammelt, um gegen das brutale Vorgehen der Militärjunta zu protestieren.