Die Fortsetzung der Selbstverwaltung in Nordirland ist vorerst gescheitert. Das Parlament in Belfast ließ am Freitag ein britisches Ultimatum für die Bildung einer Regierung verstreichen. Die Sitzung musste zudem abrupt abgebrochen werden, weil ein protestantischer Extremist ins Gebäude stürmte und behauptete, eine Bombe bei sich zu haben. Er warf, bevor er überwältigt wurde, eine Tasche auf ein Kontrollband. Diese enthielt mindestens sechs Sprengsätze, die rechtzeitig entschärft wurden. Bei dem Eindringling handelte es sich nach Polizeiangaben um Michael Stone, der 1988 beim Begräbnis eines IRA-Mitglieds die Trauernden mit Granaten angriff und drei von ihnen tötete. Er wurde im Jahr 2000 gemäß der Amnestiebestimmungen im so genannten Karfreitagsabkommen für einen Frieden in Nordirland aus der Haft entlassen.
Die Staatsanwaltschaft wird Stone wegen Mordes anklange, sie wirft dem 51-jährigen Michael Stone vor, er habe führende Politiker der katholisch-republikanischen Partei Sinn Fein und der protestantischen pro-britischen Partei DUP mit selbst gebastelten Sprengsätzen töten wollen.
Polizeichef Hugh Orde erklärte, die ins Parlament eingeschleusten Bomben seien zwar sehr amateurhaft zusammengebaut worden, aber das mache sie nicht weniger gefährlich. Der Friedensprozess für Nordirland erlitt damit einen neuen Rückschlag. Der probritische protestantische Pfarrer Ian Paisley hatte es ohnehin schon abgelehnt, die Führung einer gemeinsamen Regierung mit der irisch-nationalistischen Sinn Fein zu übernehmen. Der Vorsitzende der Democratic Unionist Party (DUP) bekräftigte seine Bedingung, dass sich die Sinn Fein vorher zur Unterstützung der mehrheitlich protestantischen Polizei in Nordirland verpflichten müsse. Sinn Fein lehnt dies zum gegenwärtigen Zeitpunkt ab.
Der britische Premierminister Tony Blair und der irische Regierungschef Bertie Ahern hatten den Konfliktparteien eine Frist bis zum 24. November gesetzt, um die Vier-Parteien-Regierung zu erneuern und abwechselnd den Regierungschef zu stellen. Jetzt soll am 30. Januar ein neues Parlament für die britische Provinz gewählt werden. Der britische Nordirlandminister Peter Hain teilte mit, es gebe bereits einen Gesetzentwurf, die nordirische Vertretung in der kommenden Woche aufzulösen. Die Teilung der Regierungsverantwortung zwischen Protestanten und Katholiken ist ein Kernstück des Karfreitagsabkommens von 1998. Die gemeinsame Regierung zerbrach 2002 am Streit zwischen der DUP und der Sinn Fein am Streit über die Entwaffnung der Irisch-Republikanischen Armee (IRA).