"Times"
Die Machtambitionen von Wladimir Putin schwächen Russlands Demokratie, meint die "Times" zu dessen Wunsch, Regierungschef zu werden:
"Die Folge davon wäre eine Umkehrung der Machtverhältnisse zwischen dem Präsidenten und dem Premierminister. Dies unterstreicht die Schwäche der russischen Demokratie und der russischen Verfassung, die sich immer noch der dominanten Gestalt Putins zu beugen hat. Die Russen haben die wirtschaftlichen Errungenschaften der Putin-Präsidentschaft wohl begrüßt, aber viele von ihnen mögen durchaus gute Gründe dafür haben, dass sie seinen Einfluss auf das sich noch entwickelnde demokratische System bedauern."
"Corriere della Sera"
Der russische Präsident Wladimir Putin sucht nach Einschätzung der Mailänder Tageszeitung "Corriere della Sera" einen Strohmann bis zu einer späteren Rückkehr in den Kreml:
"Der entscheidende Punkt ist dieser: Wer besitzt die richtigen Eigenschaften, um den prunkvollen Sessel im Kreml in Erwartung der Rückkehr von Wladimir Putin warm zu halten? (...). Warum in dieser Frage Risiken eingehen, wenn der perfekte Mann doch bereits zur Verfügung steht? Vor kurzem zum Regierungschef befördert, ist Viktor Subkow ein Vollstrecker aus einem Guss. Er ist betagt und war vor seiner Nominierung unbekannt. Subkow hat nicht ausgeschlossen (was ihm ohne Zustimmung des Chefs niemals in den Sinn gekommen wäre), für das Amt des Präsidenten im März zu kandidieren. Er ist heute der Favorit für eine Übergangszeit im Kreml."
"La Repubblica"
Zu den Zukunftsplänen des russischen Präsidenten Wladimir Putin meint die römische Tageszeitung "La Repubblica":
"Die Nebel beginnen sich zu lichten. Nach und nach zeichnet sich der Plan deutlich ab, wie Wladimir Putin nach dem Auslaufen seines Mandats als russischer Präsident im März 2008 an der Macht bleiben will. Wenn Putin nun wie angekündigt an die Spitze der Wahlliste der Partei Geeintes Russland nominiert wird, dann hat das im Wesentlichen zwei Konsequenzen. Zum einen ist der Schwall an Mutmaßungen gestoppt, die sich bis zum Montag damit befassten, welche Rolle oder welchen Posten der Kremlchef künftig übernehmen würde. (...). Zum anderen dürfte die Partei Geeintes Russland angesichts von Putins enormer Popularität mit ihm als Chef bei den Wahlen an die Zweidrittel der Stimmen herankommen. Damit entstünde eine große Massenpartei, eine neue Staatspartei, wie wir sie bereits aus dem vergangenen Jahrhundert - dem der Totalitarismen - her kennen."
"Tages-Anzeiger"
Zur Ankündigung des russischen Präsidenten Wladimir Putin, bei der Parlamentswahl anzutreten, äußert sich der "Tages- Anzeiger" aus Zürich wie folgt:
"Damit sind die russischen Parlaments- und Präsidentenwahlen heute faktisch entschieden. Denn für das Volk ist es egal, ob Putin Präsident ist oder Premier: Es weiß, dass die Macht dort ist, wo er ist. Mit diesem Szenario löst Wladimir Putin auf einen Schlag alle Probleme: Der Regierungspartei wird sein Name auf den Wahlplakaten einen Erdrutschsieg verschaffen, und Putin bleibt, wo er ist: an der Macht. Nicht mal eine Änderung des Staatssystems wird nötig sein: Denn Putin selber ist das System. Und der Posten des Premiers hat noch einen anderen netten Vorzug: Es gibt keine Amtszeitbegrenzung."
"Moskowski Komsomolez"
Über die Ankündigung von Wladimir Putin, bei den Parlamentswahlen anzutreten und 2008 nach seinem Ausscheiden als Präsident unter Umständen die Regierung zu führen, schreibt die Moskauer Boulevardzeitung "Moskowski Komsomolez":
"Putin bleibt! Er hat nun demonstriert, dass ihm die politischen Machtkonstellationen in Russland nicht egal sind. In den vergangenen Monaten war die große Mehrheit der politischen Akteure der festen Überzeugung, dass Putin im kommenden Jahr tatsächlich von der Macht lässt und ein neues Gesicht an der Spitze des Landes steht. Unvorsichtigerweise hatten viele schon begonnen, sich mehr oder weniger offen als seine Nachfolger anzudienen - seien es die beiden Vizeregierungschefs Sergej Iwanow oder Dmitri Medwedew oder wer sonst auch noch immer. Nun ist deutlich geworden, dass alle diese Spielchen nichts mehr als ein Test und ein Täuschungsmanöver waren."
"Financial Times Deutschland"
Die deutsche Financial Times befürchtet, dass eine mögliche Marionette Putins ihm nicht auf Dauer gehorchen wird:
"Gestern nun hat der russische Staatschef Wladimir Putin angedeutet, wie er sich die Macht sichern will. Putin strebt einen Sitz in der Duma an, um sich dann zum Ministerpräsidenten wählen zu lassen. Der Deal, den Putin offenbar mit seinen engsten Getreuen, ausgehandelt hat, birgt aber auch für ihn ein hohes Risiko. Er basiert darauf, dass sich alle Beteiligten an die Absprache halten und dass die Präsidentenmarionette, die Putin als Nachfolger auswählt, nicht plötzlich auf die Idee kommt, selbst die Nummer eins sein zu wollen. Wenn die Marionette zum Leben erwacht, dann könnte die Lage in Moskau nicht nur instabil werden, sondern auch gefährlich."
"Mitteldeutsche Zeitung"
Die "Mitteldeutsche Zeitung" glaubt, dass Putin längerfristig auf ein anderes Amt spekuliert:
"Nein, das Amt des Premierministers ist nicht das Ziel seiner Wünsche. Dazu ist es in Russland zu unbedeutend. Die Macht hat der Präsident, allerdings laut Verfassung nur zwei Amtsperioden. Und die sind für Putin im Frühjahr um. Putins Pläne sprechen nun für die Theorie, dass er einen Parkplatz als Regierungschef bekommt. Da behält er die Fäden der Macht in der Hand ohne die Verfassung zu brechen. Und er kann seinem Nachfolger auf die Finger schauen. Nach einer angemessen langen Schamfrist macht der dann seinem Meister wieder Platz - und wird dafür mit einem Amt in der Wirtschaft belohnt. Putins Manöver ist zwar durchsichtig. Mit Glasnost hat es aber nichts mehr gemein."
"Frankfurter Rundschau"
Die "Frankfurter Rundschau" ist sich sicher: Im Osten nichts Neues ab März 2008:
"Was für ein Schachzug! Da müsste selbst sein schärfster Gegner, Garry Kasparow, neidisch werden. Und wenn Putin dann schon mal im Parlament ist, dann sollte seine Kompetenz doch an der passenden Stelle genutzt werden: Es ist zwar realistisch, dass ich die Regierung führen kann, aber darüber nachzudenken, ist noch zu früh. Das Wahlszenario ist also fertig: Putin wird ins Parlament gewählt und wird Regierungschef. Wer unter ihm dann Präsident wird das spielt keine Rolle. Schließlich hat er sich in dieser Rolle schon zur Zeit von Boris Jelzin bewiesen. Im Osten also nichts Neues ab März 2008."
"Münchner Merkur"
Der "Münchner Merkur" schreibt:
"So befremdlich die Machtspiele des Wladimir Putin auch anmuten mögen: seine Russen würden es mehrheitlich begrüßen, wenn er die Zügel in der Hand behalten würde. Es war Putin, der ihnen ihre Würde zurückgegeben hat - und dafür lieben sie ihn. Wie der Rest der Welt denkt, interessiert die Russen ohnehin nur wenig."
"Stuttgarter Zeitung"
In der "Stuttgarter Zeitung" ist über die Pläne des russischen Präsidenten zu lesen:
"Die russische Verfassung erlaubt keinem Präsidenten eine dritte Amtszeit. Nun wäre es dem nahezu allmächtigen Herrscher in Putinland zwar möglich gewesen, diese Konstruktion außer Kraft zu setzen die Kritik aus dem Ausland hat Putin aber doch gescheut. Sein Plan ist feinsinniger. Als Spitzenkandidat seiner Kremlpartei ist Putin der Einzug in die Duma garantiert, und es gehört nicht viel Fantasie dazu, um vorherzusagen, dass Putin dann als Präsident arbeiten wird, ohne Präsident zu sein. Nach bisherigem Recht ist der Posten des Premierministers nicht gerade mit besonderer Macht ausgestattet, doch das wird sich ändern lassen. Und wenn das etwas Zeit benötigt, dann wird sich auch ein Präsident finden, der willfährig ins zweite Glied zurücktritt."
"Braunschweiger Zeitung"
Die "Braunschweiger Zeitung" sieht Russlands Ruf gefährdet:
"Putins Coup mag legal sein, aber er beschädigt Russland. Er ist ein Präsident, der von der Macht nicht lassen kann, dem die Verfassung aber eine dritte Amtszeit verwehrt. Also achtet er die Verfassung und erwägt, bei den Parlamentswahlen im Dezember als Kandidat der Kreml-treuen Partei Vereintes Russland anzutreten. Das ist so dreist wie kaltschnäuzig. Die Opposition etwa um den früheren Schachweltmeister Garri Kasparow ist zu schwach, um dieses Spiel zu stoppen. Das Volk geht zur Wahl, aber wirklich gewählt wird in Russland noch immer hinter den Kreml-Mauern."