Bei Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Polizisten in der Türkei ist ein unbeteiligter Mann durch einen Kopfschuss getötet worden. "Wir konnten Ugur Kurt nicht retten", schrieb Istanbuls Gouverneur Hüseyin Avni Mutlu am Donnerstagabend auf Twitter. Nach Angaben des stellvertretenden türkischen Regierungschefs Bülent Arinc wurde der 30-Jährige von einer Kugel in den Kopf getroffen, als er an einer Beisetzung in Istanbul teilnahm, in deren Nähe eine Demonstration stattfand.
Laut Arinc ging die Polizei in der Nähe des Begräbnisses mit Tränengas gegen Demonstranten vor und gab Warnschüsse in die Luft ab. Der unbeteiligte Ugur Kurt sei offenbar von einer verirrten Kugel getroffen worden. Augenzeugen berichteten dagegen der Nachrichtenagentur AFP, die Polizisten hätten mit scharfer Munition in die Menschenmenge geschossen.
Eine kleine Gruppe von Demonstranten hatte im Stadtteil Okmeydani ihren Unmut über das Grubenunglück von Soma sowie den Tod eines jugendlichen Demonstranten nach den Gezi-Unruhen im vergangenen Jahr kundgetan, als die Polizei eingriff. Die Demonstranten antworteten mit Steinwürfen und Brandsätzen, ein Polizeifahrzeug wurde in Brand gesetzt. Laut Istanbuls Gouverneur Avni Mutlu wurden zwei Zivilisten und acht Polizisten verletzt.
Tödliche Kugel soll untersucht werden
Arinc kündigte an, dass die Schusswaffen der Polizei sowie die tödliche Kugel untersucht werden sollten. "Wenn einer unserer Bürger, der nichts mit den Ereignissen zu tun hat, durch einen von einem Polizisten abgefeuerten Querschläger verletzt wird, will ich, dass alle Beteiligten sofort zur Verantwortung gezogen werden", sagte der Vize-Regierungschef.
Die Proteste in Istanbul hielten in der Nacht zum Freitag an. Demonstranten warfen Brandsätze, errichteten Straßensperren und setzten Autoreifen in Brand. Rund 400 Menschen versammelten sich vor dem Krankenhaus, in dem Kurt starb. Sie riefen "Ihr seid Mörder!" und "Der Mörderstaat nimmt ein weiteres Menschenleben".
In den vergangenen Tagen gingen nach dem verheerenden Bergwerksunglück in Soma mit mehr als 300 Toten die Sicherheitskräfte gewaltsam gegen Demonstranten vor. Diese werfen Erdogans Regierung eine Mitverantwortung an dem Unglück vor. Kritik gab es auch an Erdogans Umgang mit der Katatrophe. Bei einem Besuch am Unglücksort hatte er Bergwerksunglücke als unvermeidlich dargestellt.