Die Menschlichkeit einer Gesellschaft erkenne man an ihrem Umgang mit ihren Verrückten, hat der Philosoph Michel Foucault einst festgehalten. Und die Stärke einer Demokratie ist daran ablesbar, wie diese mit ihren Satirikern umgeht. Montag war ein tragischer Tag für Ägypten. Obwohl das Land gerade neu gewählt hat.
Am Montag hat Bassem Youssef, der "ägyptische Jon Stewart", das Ende seiner Sendung bekannt gegeben. Der "Posterboy des arabischen Frühlings" hört auf, weil die "aktuelle Stimmung in Ägypten kein politisch-satirisches Programm zulasse", zitiert der "Guardian" Youssef, der in Kairo eine Presskonferenz gegeben hat. Es scheint, Youssef konnte einen kurzen Augenblick der Redefreiheit in seinem Land nutzen. Und dieser Augenblick ist nun vorbei. "Ich bin es leid, zu kämpfen und um meine Sicherheit und die meiner Familie zu fürchten."
Keine Kraft mehr
Erst im vergangenen Jahr hatte er sich einen neuen Sender suchen müssen, nachdem sein Arbeitgeber CBC die Show rauswarf, weil Youssef Unterstützer der neuen Regierung kritisierte. Ihm und seinem Team fehle die Kraft, wieder einen neuen Sender zu suchen, so Youssef am Montag.
Die unabhängige ägyptische Online-Zeitung "Mada Masr" berichtet, dass hinter der Absetzung tatsächlich die saudi-arabischen Besitzer des Senders MBC stecken sollen, die das auf Mursi folgende Regime stark unterstützt haben.
"In der ganzen arabischen Welt sind die Medien unter Druck und unterliegen Beschränkungen", wird Youssef zitiert. Und er fügte im bekannt beißenden Ton hinzu: "Wir leben in der glorreichsten Zeit der Demokratie, und ich schneide jedem die Zunge heraus, der etwas anderes behauptet."
"'Al-Bernameg' gehört nach Ägypten!"
Dabei ist "Al-Bernameg", wie die beliebteste TV-Show in ganz Arabien hieß, eine beeindruckende Erfolgsgeschichte über die Macht des Volkes: Als im Frühjahr 2011 die Regierung Mubarak fiel, war Bassem Youssef ein anerkannter Herzchirurg. Er gab seinen Job auf, um Komiker zu werden und stellte seine daheim produzierte Show auf Youtube. Über Nacht hatte die erste Folge mehr als drei Millionen Abrufe, und Youssef bald einen Sender, der ihm tatsächlich ein "Jon Stewart"-Studio baute. Er hat sein Vorbild sogar in New York besucht, und Stewart war auch schon in Youssefs Studio zu Gast. Unter der Regierung Mohammed Mursis wurde Youssef mehrfach wegen Beleidigung und Blasphemie angeklagt und auch verhaftet. Er hat weitergemacht. Aber jetzt habe er genug. Es habe Angebote gegeben, die Show im Ausland zu produzieren, aber er habe sie alle abgelehnt", zitiert "Mada Masr" den Comedian. "'Al-Bernameg' gehört nach Ägypten!"
Kritikern, die ihm sein Aufgeben vorwerfen, entgegnete er: "Wenn mir etwas passiert, schreibt ihr einen Artikel oder macht einen hashtag, und das war's. Ich und mein Team kennen unsere Lebensumstände besser als ihr."