Die sri-lankischen Bürger haben einen neuen Präsidenten gewählt. Wegen der entgegengesetzten Standpunkte der aussichtsreichsten Bewerber galt die Wahl zugleich als Referendum über den Friedensprozess mit der tamilischen Rebellengruppe Befreiungstiger von Tamil Eelam (LTTE).
Zwischen Oppositionsführer Ranil Wickremesinghe von der Vereinten Nationalpartei (UNP) und Premierminister Mahinda Rajapakse von der Freiheitspartei (SLFP) wird ein Kopf-an-Kopf-Rennen vorausgesagt. Wickremesinghe hatte im Februar 2002 als damaliger Premierminister den Waffenstillstand mit der vereinbart. Im Falle eines Wahlsieges will er den auf Eis liegenden Friedensprozess mit den Rebellen wiederbeleben. Auch Rajapakse bekennt sich zum Friedensprozess, will die Bedingungen aber neu verhandeln. Er ist vor der Wahl zudem ein Bündnis mit zwei singhalesisch-nationalistischen Parteien (JVP und JHU) eingegangen, die zu keinen Zugeständnissen an die LTTE bereit sind.
Rebellen sabotieren die Wahl
13,3 Millionen Menschen waren dazu aufgerufen, über die neue Besetzung des wichtigsten politischen Amtes der Urlaubsinsel zu bestimmen. Die Wahl fand unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen statt. In den Tamilen-Gebieten hinderten die Rebellen Tausende an der Stimmabgabe. "Brennende Reifen sind ein Signal, dass man nicht weiter gehen sollte", erklärte ein 57-jähriger Bauer. "Ich wäre wählen gegangen, hätte ich eine Chance dazu gehabt." In Tamilen-Gebieten im Norden des Landes gaben nach Angaben der Wahlbehörde weniger als fünf Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme ab, im Osten waren es rund 50 Prozent. Landesweit lag die Wahlbeteiligung bei rund 70 Prozent.
Die seit elf Jahren regierende Präsidentin Chandrika Kumaratunga durfte aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht für eine dritte Amtszeit kandidieren. Der neue Präsident steht vor schweren Herausforderungen: Neben der Weiterführung des Friedensprozesses ist es vor allem der Wiederaufbau nach der Tsunami-Katastrophe vor elf Monaten. Die Waffenruhe zwischen Regierungstruppen und LTTE gilt seit 2002. Sie hält zwar weiter, in jüngster Zeit haben die sporadischen Kämpfe aber zugenommen. Dem Konflikt fielen seit 1983 rund 65.000 Menschen zum Opfer. Die LTTE fordert eine Autonomie für die Tamilen, die sich von der Mehrheit der Singhalesen unterdrückt sehen. Von den 19 Millionen Einwohnern Sri Lankas sind 76 Prozent Singhalesen und 18 Prozent Tamilen.