Die srilankische Armee hat nach Angaben des Roten Kreuzes bei den Kämpfen im Norden des Landes ein Krankenhaus beschossen. Bei dem Angriff seien mindestens neun Menschen getötet und weitere 20 verletzt worden, teilte das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) mit.
Die Armeeführung wies die Vorwürfe zurück und machte die Tamilen-Rebellen für den Zwischenfall verantwortlich. Diese kontrollieren das Gebiet, in dem das Krankenhaus steht. Die "Befreiungstiger von Tamil Eelam" äußerten sich zunächst nicht zu dem Beschuss; eine den Rebellen nahestehende Internetseite beschuldigte allerdings die Regierung.
Bis zu 250.000 Zivilisten gefährdet
Ein IKRK-Vertreter zeigte sich schockiert, dass das Krankenhaus schon zum zweiten Mal innerhalb weniger Wochen getroffen worden sei. Ein Sprecher der Vereinten Nationen sagte, es habe wahrscheinlich viele Opfer gegeben, weil das Krankenhaus zum Zeitpunkt des Angriffs überfüllt gewesen sei.
Der Bürgerkrieg zwischen den Tamilen-Rebellen im Norden Sri Lankas und den Regierungstruppen dauert seit 1983 an. In jüngster Zeit hat die srilankische Armee die Aufständischen weit zurückgedrängt und auf einem Gebiet von nur noch 300 Quadratkilometern eingekreist. International wächst die Sorge um die in der Krisenregion eingeschlossenen Menschen. Die Regierung bezeichnet die von Hilfsorganisationen genannte Zahl von 250.000 gefährdeten Zivilisten als übertrieben.
DPA/Reuters
Wie entstand der Konflikt zwischen Tamilen und Singhalesen?
Von den knapp 20 Millionen Einwohnern des früheren Ceylon sind etwa drei Viertel buddhistische Singhalesen und rund 18 Prozent meist hinduistische Tamilen. Die Rivalität zwischen den Bevölkerungsgruppen hat eine lange Tradition und wurde von den britischen Kolonialherren noch vertieft. So siedelten die Briten tamilische Arbeiter für die Teeplantagen im Zentrum Sri Lankas an und bevorzugten Tamilen bei der Vergabe von Ämtern. Nach der Unabhängigkeit 1948 dominierten Singhalesen die Staatsführung, die Tamilen wurden zunehmend benachteiligt. Zunächst forderten tamilische Parteien friedlich mehr Autonomie. In den 70er Jahren kam es zu ersten Gewalttaten.
Wer sind die "Tamilen-Tiger"?
Die 1976 gegründete Separatistengruppe "Befreiungstiger von Tamil Ealam" (LTTE) kämpft seit 1983 für einen unabhängigen Staat im Norden und Osten der Insel. Die "Tamilen-Tiger" kontrollierten zeitweise den Norden der Insel sowie weite Teile der östlichen Küstenregion, in der die meisten der rund vier Millionen Tamilen leben. Die LTTE findet Unterstützung in der großen tamilischen Diaspora in Asien, Nordamerika und Europa. In Deutschland gibt es nach Angaben des Verfassungsschutzes etwa 800 Anhänger.
Wie kämpfen die Tamilen-Rebellen?
Bei dem mehrfach von Feuerpausen unterbrochenen Guerillakrieg nahmen die Rebellen wiederholt hochrangige Militärs und Politiker ins Visier. 1993 starb Staatspräsident Ranasinghe Premadasa bei einem Bombenanschlag. In den vergangenen Jahren trugen Selbstmordattentäter den Bürgerkrieg auch in die Großstädte Sri Lankas. Die USA und die Europäische Union sehen die LTTE als terroristische Organisation an.
Wie ist die Lage der Zivilisten im Bürgerkrieg?
Die meisten der insgesamt mehr als 75.000 Opfer des seit 1983 anhaltenden Krieges sind Zivilisten. Viele wurden Opfer von Terroranschlägen auf Marktplätze oder Verkehrsmittel oder starben bei Bombenangriffen der Luftwaffe auf Siedlungsgebiete der Tamilen. Bei der aktuellen Offensive der Regierungstruppen sollen sich nach Darstellung von Hilfsorganisationen rund 250.000 schutzlose Zivilisten im Kampfgebiet aufhalten. Die Regierung wirft der LTTE vor, die Menschen als Schutzschilde zu missbrauchen. Die Rebellen kritisieren, die Armee beschieße die Gegend wahllos und ohne Rücksicht auf Unbeteiligte.
Kann man als Tourist nach Sri Lanka reisen?
Das Auswärtige Amt warnt ausdrücklich vor Reisen in das Kriegsgebiet im Norden des Landes. Seit Ende des Waffenstillstandes vor mehr als einem Jahr seien auch in der Hauptstadt Colombo Anschläge verübt worden. Aus Sicherheitsgründen sollten größere Menschenansammlungen ebenso gemieden werden wie Nachtfahrten über Land. Die von Touristen bevorzugten Gebiete an der Südküste sowie das südliche Teehochland wurden allerdings bisher weitgehend vom Krieg verschont. So lockt das tropische Ferienparadies mit langen Stränden am Indischen Ozean trotz der Kämpfe im Norden jedes Jahr hunderttausende Touristen an. 2008 kamen rund 438.000 Besucher ins Land, davon knapp 31 000 Deutsche.