Steuer und Freibetrag Karlsruhe stärkt Rechte homosexueller Erben

Höhere Steuer und niedrigere Freibeträge - die Benachteiligung homosexueller Paare gegenüber Eheleuten beim Erben verstößt laut Verfassungsgericht gegen das Grundgesetz. Die Begründung: Auch Schwule und Lesben erwarten, den Lebensstandard halten zu können, falls ihr Partner stirbt.

Gleichgeschlechtliche Paare dürfen bei der Erbschaftssteuer nicht gegenüber Ehepaaren benachteiligt werden. Es sei mit dem allgemeinen Gleichheitssatz nach Artikel 3 des Grundgesetzes nicht vereinbar, homosexuelle Lebenspartner beim persönlichen Freibetrag und beim Steuersatz schlechter zu stellen, heißt es in einem am Dienstag bekanntgegebenen Beschluss des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe.

Der besondere staatliche Schutz von Ehe und Familie reiche nicht aus, um höhere Freibeträge und niedrigere Steuern für erbende Eheleute im Vergleich zu eingetragenen Lebenspartnern zu rechtfertigen, erklärte das höchste deutsche Gericht. Lebenspartner lebten "wie Ehegatten in einer auf Dauer angelegten, rechtlich verfestigten Partnerschaft". Auch sie hätten die Erwartung, den gemeinsamen Lebensstandard halten zu können, falls ihr Partner stirbt.

Kläger waren vor Finanzgerichten gescheitert

Mit ihrer Entscheidung gaben die Karlsruher Richter den Verfassungsbeschwerden eines Mannes und einer Frau statt, deren jeweilige Lebenspartner 2001 und 2002 gestorben waren. In beiden Fällen hatte das Finanzamt die Erbschaftssteuer nach einem Steuersatz der Klasse III festgelegt und den geringsten Freibetrag gewährt. Dagegen klagten die Betroffenen, hatten jedoch vor den Finanzgerichten keinen Erfolg.

Nach dem Entwurf der Bundesregierung zum Jahressteuergesetz 2010 ist eine vollständige Gleichstellung von Lebenspartnern und Ehegatten im Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuerrecht beabsichtigt. Der Gesetzgeber muss nun jedoch bis Ende des Jahres eine verfassungskonforme, rückwirkende Regelung für Altfälle zwischen 2001 und 2008 finden.

Ruf nach Gleichstellung bei Einkommensteuer

Die Grünen werteten die Karlsruher Entscheidung als guten Tag für die Rechte von Schwulen und Lesben. Gleichzeitig sei das Urteil eine Niederlage für die Bundesregierung, sagte Fraktionsgeschäftsführer Volker Beck. Die von Schwarz-Gelb geplante Änderung der Erbschaftsteuer im Jahressteuergesetz sei mit dem Urteil Makulatur, weil die von Karlsruhe geforderte Rückwirkung fehle.

Beck forderte, auch die Benachteiligung homosexueller Lebensgemeinschaften bei der Einkommensteuer und in der Beamtenversorgung unverzüglich zu beenden. "Hier muss die Bundesregierung nun endlich zu der Gleichstellung kommen, die sie in ihrem Koalitionsvertrag so vollmundig versprochen hat."

DPA · Reuters
mad/DPA/Reuters/APN