Bürgerkrieg und humanitäre Krise Wie lässt sich der Sudan befrieden?

Menschen, die aus dem Sudan in den Tschad geflüchtet sind
Rund eine Million Menschen sind aus dem Sudan in den Tschad geflüchtet
© Joris Bolomey / AFP
Ein absurder Machtkampf eskalierte im Sudan zu einem Bürgerkrieg, der Millionen Menschen in die Flucht getrieben hat. Friedensgespräche blieben bislang ohne Erfolg. Der Konflikt gilt als größte humanitäre Krise der Welt. 

Wie lässt sich der Sudan befrieden? Darüber tobt seit vielen Jahren ein Streit, der fast so alt ist wie der Konflikt selbst. 2013 gründete der Diktator Umar al-Baschir die paramilitärische Rapid Support Forces (RSF), um Aufstände niederzuschlagen. Inzwischen kämpft der aktuelle RSF-Chef Muhammad Hamdan Dagalo gegen den faktisch regierenden General Abd al-Fattah al-Burhan, seinen ehemaligen Chef. Ein absurder Machtkampf, der zum Bürgerkrieg eskalierte und fast 15.000 Menschen das Leben gekostet und Millionen in die Flucht getrieben hat. 17 der 49 Millionen Sudanesen sind akut vom Hunger bedroht, obwohl in dem Land zu Friedenszeiten alle ihr Auskommen haben könnten.

Sämtliche Initiativen, den Konflikt zu beenden, sind bislang gescheitert. Das Schicksal der Bevölkerung kümmert die Kontrahenten nicht. Beiden geht es darum, sich an den Bodenschätzen des Landes zu bereichern. Selbst Transporte von Hilfsleistungen sind nicht ungehindert möglich. Experten wie der ehemalige UN-Sonderbeauftragte Volker Perthes fordern, man müsse die finanziellen Ressourcen der Kriegsparteien austrocknen – vor allem die Goldexporte aus dem Land beenden, mit denen sich beide Seiten finanzieren. Das scheint die beste Lösung, vielleicht die einzige. Gespräche haben bisher nichts bewirkt. Jeder der Kontrahenten präsentiert sich als legitimer Herrscher.

Humanitäre Hilfe für den Sudan

Die Emirate und Russland unterstützen die RSF mit versteckten Waffenlieferungen, Ägypten und der Iran wiederum die sudanesische Armee. Die EU schickt Geld für humanitäre Hilfe und den "Appell zum Frieden". Dass britische Regierungsvertreter geheime Gespräche mit der RSF führen, sorgt bei Menschenrechtsgruppen für Empörung. Man verleihe so der 100.000 Mann starken Privatarmee, die schlimmste Menschenrechtsverletzungen begehe, das Image eines vertrauenswürdigen Partners. Das stärke deren Position und verlängere den Konflikt, der nicht nur als größte humanitäre Krise der Welt gilt, sondern auch das Potenzial hat, die gesamte Region zwischen Sahel, Nordafrika und dem Horn von Afrika vollends zu destabilisieren. Gerade haben in Saudi-Arabien Friedensgespräche begonnen, wieder einmal. Der militärische Sieg einer Seite scheint wenig wahrscheinlich, eher eine weitere Eskalation.

Erschienen in stern 18/2024