"Unabhängige Medien sterben" Türkei stellt regierungskritische Zeitung unter Zwangsaufsicht

Die Türkei will offenbar die regierungskritische Zeitung "Zaman" kontrollieren. Sie soll dem Regierungsgegner Fethullah Gülen nahestehen. Die Führungsriege der Redaktion soll ausgetauscht werden.

Die regierungskritische türkische Zeitung "Zaman" wird laut einem Agenturbericht unter Aufsicht der Justiz gestellt. Eine staatliche Treuhandverwaltung soll die Zeitung verwalten. Ein Istanbuler Gericht habe dies am Freitag angeordnet und werde eine neue Führungsriege für die Zeitung ernennen, berichtete die offizielle türkische Nachrichtenagentur Anadolu. Die Mediengruppe "Zaman", zu der die Nachrichtenagentur "Cihan" gehört, soll der Bewegung des islamischen Predigers Fethullah Gülen nahestehen.

Prediger Fethullah Gülen lebt im US-Exil. Er war einst ein Verbündeter des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan, hat sich mit ihm aber überworfen. Gülens "Hizmet"-Bewegung ist in der Türkei inzwischen zur Terrororganisation erklärt werden.

"Die unabhängigen Medien sterben"

Der Leitende Redakteur von "Zamans" englischsprachigem Schwesterblatt "Today's Zaman" sagte der Deutschen Presse-Agentur in Istanbul am Telefon: "Es sieht so aus, als würden die unabhängigen Medien sterben." Mit Blick auf die anderen landesweiten kritischen Zeitungen fügte er hinzu: "Wenn es uns nicht mehr gibt, bleiben nur noch 'Cumhüriyet' und 'Sözcu' übrig, aber niemand weiß, wie lange."

"Zaman" hatte nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr eine Auflage von rund 850 000 Stück. Sie war im März 2015 die auflagenstärkste Zeitung der Türkei. Die Chefredakteurin kritisierte, es gebe keine Rechtstaatlichkeit in der Türkei mehr. Die Treuhänder würden demnächst erwartet. "Wir arbeiten an der letzten Ausgabe unserer Zeitung. Wir versuchen, sie fertigzustellen, bevor sie ankommen."

AFP · DPA
js