Knapp zwei Wochen nach den schweren Kämpfen von Kundus ist Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg am Mittwoch überraschend zu einem Truppenbesuch in Nordafghanistan gelandet. Im regionalen Isaf-Hauptquartier in Masar-i-Scharif wurde er vom Kommandeur, Brigadegeneral Frank Leidenberger, begrüßt. Anschließend flog der Minister in die Unruheregion Kundus weiter.
"Mir ist wichtig, den Soldatinnen und Soldaten vor Ort deutlich zu machen, dass die politische Spitze hinter ihnen steht", sagte Guttenberg. Er wollte sich an den Bundeswehrstandorten in Nordafghanistan über die Lage nach dem Angriff der Taliban auf die Bundeswehr am Karfreitag informieren. Dabei ging es ihm vor allem darum festzustellen, ob es Defizite bei Ausrüstung, Ausbildung oder Truppenstärke gibt. Am Ehrenhain für die Gefallenen im Feldlager in Kundus enthüllte Guttenberg die Tafeln mit den Namen der drei Toten vom Karfreitag. Er bedankte sich bei den Bundeswehr-Soldaten für ihren Einsatz. "Wir sind auf Ihre Kraft und Ihre Stärke hier angewiesen", sagte er.
Panzerhaubitze statt schwerer Kampfpanzer
Bei den schweren Gefechten am Karfreitag waren drei Bundeswehrsoldaten getötet und acht weitere verletzt worden. Guttenberg hatte anschließend von einem Krieg gesprochen. SPD-Chef Sigmar Gabriel meinte daraufhin in der "Frankfurter Rundschau", wenn die Bundesregierung den Einsatz für einen "Krieg" halte, müsse sie ein neues Mandat des Bundestags beantragen. Der Minister wies dies bei seinem Truppenbesuch am Mittwoch zurück. "Das Mandat ist auf die Realitäten entsprechend ausgerichtet", sagte Guttenberg. "Das weiß auch der Vorsitzende der SPD."
Die Kämpfe am Karfreitag hatten eine hitzige Debatte über Ausrüstung und Ausbildung der Bundeswehr ausgelöst. Guttenberg hatte eine Prüfung zugesagt. Die vom designierten Wehrbeauftragten Hellmut Königshaus geforderte Entsendung von "Leopard 2"-Kampfpanzern lehnte er allerdings ab, weil die schweren Fahrzeuge für das Gelände um Kundus nicht geeignet seien. Die Stationierung von ein oder zwei "Panzerhaubitzen 2000" scheint dagegen möglich. Guttenberg will sich bei der Entscheidung auf den Rat der Militärs verlassen. Die Panzerhaubitze ist ein schweres Artilleriegeschütz, das vom Feldlager aus Ziele in einem Umkreis von 40 Kilometern relativ genau treffen könnte.
Auch Treffen in Usbekistan
Auf dem Weg nach Afghanistan machte Guttenberg in der usbekischen Hauptstadt Taschkent Station und traf sich dort mit Verteidigungsminister Kabul Raimowitsch Berdijew. Dabei wurde die Nutzung des usbekischen Flughafens Termes durch die Bundeswehr als Versorgungsbasis für den Afghanistan-Einsatz vertraglich um ein Jahr verlängert. Die Bundeswehr hat derzeit rund 4300 Soldaten in Afghanistan im Einsatz.