In der Ukraine haben Teilnehmer an den Verhandlungen zur Beendigung des Krieges mit Russland Berichte zurückgewiesen, sie seien vergiftet worden. Alle Mitglieder der Verhandlungsgruppen würden normal arbeiten, sagte der ukrainische Unterhändler Mychajlo Podoljak örtlichen Medien zufolge am Montag. "Im Informationsbereich gibt es gerade viele Spekulationen, unterschiedliche Verschwörungsversionen und Elemente des einen oder anderen Informationsspiels."
Das "Wall Street Journal" (WSJ) und das internationale Recherchekollektiv Bellingcat hatten übereinstimmend berichtet, dass der russische Oligarch Roman Abramowitsch und weitere Teilnehmer nach Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine Anfang März über Vergiftungserscheinungen geklagt haben.
Abramowitsch war Teil einer russischen Delegation, die sich am 3. und 4. März mit ukrainischen Verhandlungsführern in Kiew getroffen hatte. Sowohl Abramowitsch als auch zwei weitere ukrainische Teilnehmer sollen danach gerötete Augen und gerötete Haut gehabt haben und zudem stechende Schmerzen in den Augen gespürt haben. Die Symptome hätten auch am nächsten Morgen noch angehalten und seien erst im Laufe der folgenden Woche abgeklungen. Laut "WSJ" soll sich die Haut der betroffenen Personen zudem an Händen und im Gesicht abgelöst haben.
Wollten russische Hardliner Verhandlungen sabotieren?
Bellingcat hat nach eigenen Angaben Fotos der betroffenen Hautstellen sehen können. Proben davon konnten nicht entnommen werden, da die Delegation nach Istanbul weitergereist sei. Das "WSJ" berichtet, dass die Gruppe hinter den Symptomen russische Hardliner als Verursacher vermutet, die die Friedensverhandlungen stören wollten.
Was die Symptome bei den Verhandlungsführern ausgelöst hat, ist bislang noch unklar. Bellingcat und das "WSJ" berichten als mögliche Ursache von einer Vergiftung mit bislang unbekannten Chemikalien in Betracht. Eine alternative Vermutung war eine Bestrahlung mit Mikrowellen. Diese wird inzwischen aber nicht mehr als wahrscheinlich angesehen.
Keine Reaktion von Abramowitsch bekannt
Laut dem "WSJ" war bei den Gesprächen auch Wolodymyr Selenskyj anwesend. Selenskij selbst habe aber keine Symptome gezeigt. Ein Sprecher Selenskyjs sagte gegenüber dem "WSJ", dass er keine Information über Vergiftungen habe.
Bereits Montagfrüh hatte der im "WSJ" als Opfer erwähnte Rustem Umjerow bei Facebook geschrieben, dass mit ihm alles in Ordnung sei. "Mir geht es gut. Dies ist meine Antwort auf all die Klatschnachrichten, die sich verbreiten. Bitte vertrauen Sie keiner nicht verifizierten Information. Auch bei uns läuft ein Informationskrieg." Von Abramowitsch sind ebenfalls keine öffentlichen Äußerungen zu einem möglichen Giftanschlag bekannt.
Quellen: "WSJ", Bellingcat