Der Militärexperte Carlo Masala sieht die Welt am Beginn eines neuen Kalten Krieges, der auch den Wohlstand der Deutschen schmälern wird. Masala sagte am Freitag im stern-Podcast "Ukraine – die Lage": "Wir werden zu einer Art Kalter Krieg 2.0 in den nächsten Jahren kommen." Er verwies auf die Erklärung der sogenannten Brics-Staaten. Diese Länder – Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika – wollen ihre Kooperation vertiefen. Zugleich kehre die Europäische Union "zu einem Anfangsmotiv zurück" – nämlich eine Gegenmacht gegen ein imperiales Russland zu bilden. Es zeige sich "der Anfang einer globalen Blockbildung, auf die wir uns zubewegen werden". Das werde auch ökonomische Konsequenzen haben: "Wir werden uns mit Wohlstandsverlusten abfinden müssen."
Carlo Masala: Keine Zukunft für das "alte System des Wortschaftens"
Masala sprach von einer "Phase der Deglobalisierung". Nach Einschätzung des Politikwissenschaftlers von der Bundeswehruniversität München wird Deutschland nicht wie bislang vom internationalen Handel profitieren können. "Das alte System des Produzierens, des Wirtschaftens, des Gewinne machen – das wird in der Zukunft nicht mehr so sein", sagte er. "Die Art und Weise, wie der Wohlstand in den letzten zwei Dekaden durch die Globalisierung in die Bundesrepublik gekommen ist, das ist nicht mehr fortzuführen." Er erwartet zwar kurzfristig etwa durch die steigenden Energiepreise hohe Belastungen, langfristig aber deutlich moderate Veränderungen.

Dr. Carlo Masala ist Professor für Internationale Politik an der Bundeswehruniversität München.
Im Ukraine-Krieg hält Masala ein Waffenstillstandsangebot Russlands für möglich, wenn es den russischen Truppen gelingt, die Bezirke Luhansk und Donezk vollständig unter ihre Kontrolle zu bringen. Die Ukraine werde ein Angebot auf dieser Grundlage ablehnen. Aber ein solches Szenario könne durchaus Auswirkungen auf die westlichen Gesellschaften haben. "Das wird mit Blick auf den Herbst und Winter sein, der Krieg kommt ja jetzt in allen Haushalten an, dann wird die gesellschaftliche Stimmung sich möglicherweise drehen", sagte Masala. Er schloss nicht aus, dass Russland von einem taktisch eingesetzten Angebot profitieren könnte. "Kann durchaus sein, dass Regierungen mit Blick auf die innenpolitische Lage Druck auf Kiew ausüben, an den Verhandlungstisch zu gehen", sagte er. Schon jetzt sei zu beobachten, dass "der Krieg in den Köpfen der Menschen nicht mehr so präsent ist".