Ungarns Ministerpräsident Ferenc Gyurcsany will ungeachtet der seit einer Woche anhaltenden Proteste gegen ihn an seinem Posten festhalten. Er, nicht die Demonstranten, spreche für das ungarische Volk, sagte der in einen Lügenskandal verstrickte Regierungschef. "Neunundneunzig von hundert Budapestern sind zu Hause geblieben und wollen kein Budapest, dass so aussieht. Wir können diese 99 Menschen nicht vergessen", sagte Gyurcsany vor Vertretern seiner sozialistischen Partei. Zugleich kündigte er an, dass er an seiner unpopulären Wirtschaftspolitik festhalten wolle.
In der ungarischen Hauptstadt hatte die Protestwelle gegen die Regierung am Samstag einen neuen Höhepunkt erreicht. Etwa 40.000 Menschen versammelten sich vor dem Parlament in Budapest und forderten den Rücktritt von Gyurcsany. Zu Ausschreitungen wie Anfang voriger Woche kam es nicht. Es war befürchtet worden, dass Rechtsextremisten unter den Demonstranten Gewalt schüren könnten.
Proteste sollen bis zum Rücktritt andauern
Die größte Oppositionspartei FIDEZ hatte aus Furcht vor neuer Gewalt bei der Demonstration ihre eigene Versammlung abgesagt. Dennoch fanden sich tausende FIDEZ-Anhänger in der Menschenmenge. Der stellvertretende Parteivorsitzende Pal Schmitt rief die Demonstranten auf, mit weißer Kleidung und Armbinden zu zeigen, dass sie Gewalt ablehnen. Viele Menschen trugen ungarische Fahnen und sangen patriotische Lieder.
Auch am Sonntag wurden die Proteste fortgesetzt. Die Zahl der Demonstranten lag mit einigen hundert allerdings deutlich tiefer. Die Organisatoren erklärten jedoch, dass die Proteste bis zum Rücktritt der Regierung weiter geführt würden: "Wir wollen diese postkommunistische Regierung stürzen", sagte Tomas Molnar, einer der Organisatoren.
Die Proteste in dem neuen EU-Mitglied waren durch einen Tonaufnahme ausgelöst worden, in dem Gyurcsany Lügen im Wahlkampf eingeräumt hatte. Zu Wochenbeginn wurden bei Ausschreitungen hunderte Menschen verletzt. Es war der heftigste Gewaltausbruch seit dem niedergeschlagenen Volksaufstand gegen die kommunistische Herrschaft im Jahr 1956.