US-Kongresswahlen Hat Youtube die Wahl entschieden?

Wenn die Demokraten die Mehrheit im US-Senat erringen, verdanken sie dies auch der Video-Plattform "Youtube." Das entscheidende Mandat in Virginia haben sie in Aussicht, weil ein peinliches Filmchen dem Amtsinhaber dort erheblich schadete.

Über den ersten "Youtube"-Wahlkampf ist in den vergangenen Wochen und Monaten viel geschrieben worden. Ein faszinierendes Phänomen: Wahlkämpfer und ihre Anhänger, im Verbund mit Bloggern, haben die vergleichsweise neue Video-Plattform genutzt, um jeden Schritt und Tritt des politischen Gegners in Bild und Ton zu dokumentieren - und ihn möglichst zu diskreditieren. Dass ein Video, das auf "Youtube" veröffentlicht worden ist, den Demokraten nun möglicherweise die Mehrheit im US-Senat beschert, ist eine kuriose Sensation.

Rassistische Beleidigung auf Video

Es war an einem Freitag im August. George Allen, Senator im US-Bundesstaat Virginia, machte Wahlkampf in Breaks, einem Ort nahe der Grenze zum benachbarten Kentucky. Die Stimmung war gut, das Publikum, etwa 100 Anhänger, bestand vor allem aus Weißen. Auch S.R. Sidarth, ein Student der University of Virginia, Amerikaner indischer Abstammung, war nach Breaks gereist. Als Mitarbeiter im Team von Allens Herausforderer Jim Webb verfolgte er den Senator mit der Videokamera, filmte alles, was Allen sagte.

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Offenbar fühlte sich Allen an diesem Tag einerseits sehr sicher, andererseits hatte er wohl die Faxen mit der Filmerei dicke. Kurz nach Beginn seiner Rede deutete er, das Mikrofon in der Hand, auf Sidarth und dessen Kamera. "Lassen sie uns auch jenen Macaca hier begrüßen", schleuderte er Sidarth entgegen. "Willkommen in Amerika und der echten Welt Virginias." Der Begriff "Macaca" bezeichnet einen Affen. Er wird auch als rassistisches Schimpfwort für Asiaten benutzt. Sidarth filmte, der Ton war gut. Weniger später konnte jedermann das Video auf "Youtube" abrufen - und über Allen brach ein Sturm der Entrüstung herein. Zwar behauptete der Senator, die Bedeutung des Wortes sei ihm nicht bewusst gewesen. Aber es war zu spät. Webb holte in den Umfragen auf.

Das Filmchen gab den Ausschlag

Das Filmchen hat nun möglicherweise größere Auswirkungen, als sich Sidarth das in seinen kühnsten Träumen je hätte vorstellen können. Denn der Ausgang des Rennens in Virginia entscheidet darüber, ob die Demokraten im US-Senat tatsächlich die Mehrheit von 51 Sitzen erringen. Und am Mittwochmorgen sieht es so aus, als könnte genau das gelingen. Herausforderer Webb führt denkbar knapp mit einem Vorsprung von weniger als 10 000 Stimmen. Weil der Sieg, so er denn erfolgen würde, so knapp ist, ist es durchaus zulässig zu mutmaßen, dass Allen ohne den "Youtube"-Vorfall gewonnen und die Republikaner die Mehrheit im Senat behalten hätten.

In Kalifornien, im "Youtube"-Hauptquartier, dürften nach diesem Vorfall noch einmal die Korken knallen. Vor wenigen Wochen hatten die jugendlichen Gründer der Firma Chad Hurley und Steve Chen ihre Firma nach weniger als zwei Jahren für sagenhafte 1,3 Milliarden Euro an "Google" verkauft. Wenn es noch eines Beweises bedurfte, das ihre Plattform auch für die politische Mobilisierung, für Wahlkämpfe, von Bedeutung sein kann, dann ist er jetzt erbracht.

Sein kann, nicht sein muss. Denn ein anderes Ergebnis dieses Wahlabends zeigt, dass Kandidaten auch gegen einen massiven Online-Wahlkampf bestehen können. In Connecticut stach Senator Joseph Lieberman seinen Herausforderer Ned Lamont klar aus. In den Vorwahlen der Demokraten im August hatte Lamont noch gegen Lieberman obsiegt - mit massiver Unterstützung linker Demokraten im Internet und mit einem aggressiv geführten "Youtube"-Wahlkampf.