"Wir brauchen einen Präsidenten, der einen Generationenwechsel darstellt", erklärte Powell. Es falle ihm nicht leicht, seinen langjährigen Freund John McCain zu enttäuschen. Aber an diesem Wendepunkt der amerikanischen Geschichte sei ein Präsident nötig, der nicht einfach die alten Politikrezepte mit ein paar neuen Aspekten weiterführe.
Powell und Obamas republikanischer Rivale McCain sind seit 25 Jahren befreundet. Sowohl Obama als auch McCain seien qualifiziert genug, Oberkommandierender der Streitkräfte zu sein, sagte Powell. Obama sei aber besser geeignet, das Ansehen der USA in der Welt wieder zu stärken. Der dunkelhäutige pensionierte General und ehemalige Generalstabschef betonte, seine Entscheidung für den ebenfalls dunkelhäutigen Obama habe nichts mit der Hautfarbe zu tun.
Powell äußerte Enttäuschung über den negativen Ton in McCains Wahlkampf sowie über dessen Entscheidung, Sarah Palin zur Vizepräsidentschaftskandidatin zu machen. Er könne sich nicht vorstellen, dass die Gouverneurin von Alaska im Bedarfsfall die Präsidentschaft übernehme, sagte er. "Ich glaube nicht, dass sie bereit ist, Präsident der Vereinigten Staaten zu sein.
Obama stellt Spendenrekorde in den Schatten
McCain hatte in seinem Wahlkampf immer wieder versucht, Obama die Kompetenzen als Oberkommandierender abzusprechen. Powell, der bislang stets auf Seiten der Republikaner war, gilt als äußerst erfahrener Außen- und Sicherheitspolitiker und entkräftet dieses Argument damit nochmals. Zuletzt dominierten angesichts der Finanzkrise im Wahlkampf allerdings Wirtschaftsthemen. McCain verglich seinen Rivalen am Samstag mit europäischen Sozialisten, die eine Umverteilung von Privatbesitz durchsetzen wollten. Obama konterte, dass McCain jeglichen Bezug zu amerikanischen Durchschnittsbürgern verloren habe. Beide Kandidaten bemühten sich am Wochenende um traditionell republikanische Staaten, in denen die Demokraten sich diesmal gute Chancen ausrechnen. McCain, der in den Umfragen zunehmend hinter Obama zurückgefallen ist, schien dabei stark aus der Defensive heraus zu agieren.
Auch finanziell ist Obama im Vorteil. Der demokratische Kandidat stellt alle Spendenrekorde bisheriger Präsidentschaftskampagnen in den Schatten: Einschließlich September hat er 605 Millionen Dollar (450 Millionen Euro) Spenden eingenommen. Im vergangenen Monat allein waren es 150 Millionen Dollar, wie Wahlkampfmanager David Plouffe am Sonntag mitteilte. Damit hat Obama seinen finanziellen Vorsprung vor seinem republikanischen Rivalen weiter ausgebaut. McCain hat sich entschlossen, im Herbst die öffentliche Wahlkampffinanzierung in Anspruch zu nehmen, womit er für September und Oktober nur maximal 84 Millionen Dollar zur Verfügung hat. Obama nahm unterdessen erste Vorbereitungen für eine Übernahme der Regierung auf. So kam kürzlich eine Gruppe von Experten zusammen, die den Übergang in der Präsidentschaft organisieren soll, wie am Freitagabend aus Kreisen der Demokratischen Partei verlautete. Auch McCain hat ein solches Übergangsteam gebildet.
Unterdessen stehen der republikanischen US-Vizepräsidentschaftskandidatin Sarah Palin und ihrem Mann Todd wegen der Entlassung eines ranghohen Beamten weitere Ermittlungen ins Haus. Noch in dieser Woche werde das Paar von einem Vertreter der staatlichen Personaldirektion getrennt befragt, erklärte ihr Anwalt Thomas Van Flein. Geprüft werden soll, ob Palin bei der Entlassung des Beamten gegen Ethikgesetze verstoßen hat.
Ein Parlamentsausschuss in Alaska hatte Palin des Amtsmissbrauchs beschuldigt. Ein Untersuchungsbericht kam zu dem Schluss, dass die von Palin verfügte Entlassung des Beauftragten für die öffentliche Sicherheit zwar legal gewesen sei. Palin und ihr Mann hätten aber aus persönlichen Motiven unzulässig Druck auf diesen und andere Beamte ausgeübt. Der vom Parlament eingesetzte Ermittler erklärte, Palin habe gegen Alaskas Ethikgrundsatz für Regierungsmitglieder verstoßen. Darüber formell zu entscheiden, ist im nördlichsten US-Staat allerdings nicht Aufgabe des Parlaments, sondern der staatlichen Personaldirektion. Diese müsste dem Senatspräsidenten ein Disziplinarverfahren empfehlen, das neben dienstlichen Konsequenzen auch eine Geldstrafe bis zu 5000 Dollar (3700 Euro) nach sich ziehen könnte. Sollte es zu einem Disziplinarverfahrens kommen, wäre es allerdings erst lange nach der Präsidentenwahl abgeschlossen.