Mit einem kleinen, feinen Stimmchen begrüßt die 14-jährige Prinzessin Elizabeth 1940 "Freunde und Bekannte der Children's Hour" während ihrer ersten Radioansprache im BBC-Kinderrundfunk - und heute ist es rührend zu hören, wie vorsichtig und genau sie ihre Worte artikuliert und die Stimme am Ende jedes Satzes absenkt. Es war der erste Auftritt der Prinzessin, in dem sie der Weltgemeinschaft einen guten Abend wünschte. Seitdem hat die königliche Familie immer wieder technologische Errungenschaften genutzt, um ihre Botschaften rund um die Welt zu senden. 1953, zum Beispiel, erlaubte Queen Mum zum ersten Mal Kamera-Aufnahmen im Buckingham Palast - vor deren Übertragung wurden allein in Großbritannien eine halbe Million neuer Fernsehgeräte gekauft.
Cornelia Fuchs
London ist der Nabel der Welt und Europa immer noch "der Kontinent". stern-Korrespondentin Cornelia Fuchs beschreibt in ihrer wöchentlichen stern.de-Kolumne das Leben zwischen Canary Wharf und Buckingham Palace, zwischen Downing Street und Notting Hill.
Natürlich nutzt die Queen auch schon längst das Internet, seit zwölf Jahren gibt es ihre eigene Webseite, die Weihnachtsansprachen gibt es als Podcast, und vor zwei Jahren wurde ein Youtube-Kanal eingerichtet mit Filmen aus den königlichen Archiven. Und doch war der königliche Auftritt bisher eine etwas schwergängige Veranstaltung mit wenigen interaktiven Spielereien für den Besucher und sehr vielen, sehr langen Texten. Das wird ab heute anders: Die Queen hat eine neue Webseite freigeschaltet. Sir Tim Berners-Lee, der Miterfinder des Internets, war bei dem feierlichen Empfang im Buckingham Palast zugegen.
Auf der Internetseite kann man jetzt den oben erwähnten Radiobeitrag der 14-jährigen Prinzessin Elizabeth mit einem einfachen Knopfdruck anhören, es gibt dutzende Bilder zum Herunterladen von der Queen als Baby bis zu Harry als Soldat. Historische Dokumente wie die Heirats-Erklärung von Queen Victoria wurden aus den Archiven eingescannt und können nun online betrachtet werden. Es gibt Fotoreportagen über den Wachwechsel vor den königlichen Palästen und Bilder von allen königlichen Kleinkindern im 20. Jahrhundert. Der Webseitenbesucher erfährt angesichts der königlichen Briefmarkensammlung, dass der Vater der Queen daran drei Nachmittage in der Woche gearbeitet habe, "wenn er in London war".
Die Botschaft der Webseite ist eindeutig: Tradition ist wichtig - Kranzniederlegungen werden direkt neben dem Swan-Upping, dem Schwänezählen, in der Fotostrecke der königlichen Zeremonien gezeigt. Und jedes Commonwealth-Land findet Bilder von der Queen bei Staatsbesuchen.
Die Queen steht diesen neuen technologischen Errungenschaften seit Jahren mit der immer gleichen interessierten Distanz gegenüber. Schon 1976 hat sie ihre erste E-Mail losgeschickt, von einer Marine-Basis ihrer königlichen Navy. Trotzdem nannte sie das Internet noch Jahre später "ein bisschen undurchschaubar". Sie lachte bei einem Besuch im Londoner Google-Hauptverwaltung über das Youtube-Video eines lachenden Babys, konnte aber mit dem Geschenk eines Teils vom Google-Code auf einer roten Platte wenig anfangen. Königs-Experte der BBC, Peter Hunt, bezweifelt, dass die Königin das Internet voll ausschöpfen wird: "Wir können ihr keine E-Mail schreiben, und es gibt wenig Hoffnung, dass sie in Zukunft bloggen wird oder gar twittern."
Wahrscheinlich hilft es den neueren Technologien im königlichen Haushalt auch nicht, dass vor allem die Enkel der Königin schon häufiger per Web-Video und Facebook in die Schlagzeilen geraten sind. Gerade erst hat sich Chelsy Davy per Facebook-Eintrag von Prinz Harry getrennt. Und der wiederum fand das Privat-Video seines Armee-Trainings auf der Webseite einer Zeitung wieder: Die ganze Welt konnte hören, wie Harry Kameraden "meinen kleinen Paki-Freund" und "Lumpenkopf" nannte, ein Schimpfwort vor allem für Araber mit der typischen Tuch-Tracht der Emirate.
Wo bleibt der Kommentar zu Prinz Henry
Während seine Großmutter die neue Webseite der königlichen Familie online stellte, vermeldete die BBC, dass die Armee Prinz Harry auf ein Gleichstellungs-Seminar schicken werde. Diese Seminare sind Teil der Grundausbildung für jeden Soldaten, Prinz Harry scheint aber nun zusätzlich Unterricht in "kultureller Vielfalt" und dem Gleichheitsgrundsatz zu bekommen. Einen Kommentar zu dieser Meldung gibt es auf der neuen Webseite des Königshauses aber nicht.