Wahl in Guatemala Guatemalas Pinochet

Am Sonntag finden in Guatemala die Wahlen zum Staatspräsidenten statt. Ein aussichtsreicher Kandidat ist der ehemalige General und Diktator Efraín Ríos Montt. Unter seiner Herrschaft wurden tausende Zivilisten von Armee und rechten Paramilitärs massakriert.

"Ein Mörder sollte nicht als Präsident kandidieren", sagt der Bauer Buenaventura Manuel aus Guatemala. Seine Mutter, drei Schwestern und seine Großmutter wurden 1982 bei einem Massaker im Indianerdorf Plan de Sanchez getötet; an einem einzigen Tag kamen dort 184 Menschen ums Leben.

Tausende Indios massakriert

Tausende indianische Bauern wurden während der kurzen Herrschaft von General Efrain Rios Montts von Armee und Paramilitärs massakriert. Linke Guerillakämpfer und mögliche Sympathisanten waren die Opfer in einem Bürgerkrieg,der mehr als 200 000 Opfer forderte. Nach dem Prinzip "Verbrannte Erde" wurden hunderte Dörfer dem Erdboden gleichgemacht. Es war das Merkmal seiner Zeit als Diktator.

Rios Montts 18-monatige Herrschaft von 1982-1983 gilt als die blutigste Zeit des gesamten Bürgerkriegs. Der größte Teil der Gewalt ging nach der von der UN eingesetzten Wahrheitskommission von Regierungssoldaten aus.

Seine Kandidatur löste heftige Proteste aus

Jetzt will Rios Montt der neue Staatschef von Guatemala werden: Trotz eines verfassungsrechtlichen Verbots und einer Anklage wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit tritt der Ex-Diktator bei den Präsidentschaftswahlen am 9. November an und löste damit heftige Proteste in der Bevölkerung und bei Menschenrechtsorganisationen aus. Noch gibt es eine UN-Mission in Guatemala, die über die Einhaltung der Friedensabkommen wacht. Ihr Leiter ist der Deutsche Tom Koenigs: "Die Kandidatur Ríos Montts ist ein Zeichen für die Schwäche des Rechtsstaates. In 20 Jahren ist es nicht gelungen, die Verbrechen des Bürgerkrieges aufzuarbeiten"

Der 78-jährige Ex-General steht in Umfragen mit elf Prozent zwar nur an dritter Stelle, zahlreiche Anhänger in ländlichen Gebieten werden von den offiziellen Daten jedoch nicht erfasst und könnten ihm reelle Chancen auf einen Wahlsieg einräumen.

Einen Etappensieg hat der derzeitige Parlamentspräsident, der 1974 bereits vergeblich kandidierte und sich 1982 an die Macht putschte, schon errungen: Anders als 1990 und 1995 ließ das inzwischen mehrheitlich von Parteigängern seiner rechtsgerichteten Republikanischen Front (FRG) besetzte Verfassungsgericht seine Kandidatur zu, obwohl die Verfassung Guatemalas eine Bewerbung von Putschisten verbietet.

Das Land vor dem Kommunismus gerettet

Rios Montt hat aber auch zahlreiche Anhänger. Tausende Demonstranten gingen für ihn auf die Straße, auch der derzeitige Präsident Alfonso Portillo steht hinter ihm. Seine Anhänger sagen, dass er für Sicherheit gesorgt, die linke Guerilla entscheidend geschwächt und das Land vor dem Kommunismus gerettet habe.

Nach dem Ende des 36 Jahre dauernden Bürgerkriegs 1996 ist die Wahl am Sonntag die zweite friedliche seit mehr als 40 Jahren. Mit dem Präsidenten wird zugleich ein neues Parlament gewählt; derzeit hält die FRG, die von Montt gegründet wurde, eine Zweidrittelmehrheit. Wirtschaftlich und politisch hat sich in Guatemala in den vergangen Jahren kaum etwas verändert.

20 Kandidaten wurden getötet

Die Inflationsrate liegt bei über acht Prozent, mehr als die Hälfte der Bevölkerung lebt unterhalb der Armutsgrenze. Gewaltkriminalität und Einschüchterungen von Menschenrechtsaktivisten, Justizangehörigen und Journalisten nehmen zu. Im Wahlkampf wurden mehr als 20 Kandidaten getötet, fast alle Mitglieder oppositioneller Parteien.

In den Umfragen liegt mit 37 Prozent der Konservative Oscar Berger vorn. Der Anwalt, der bereits acht Jahre lang Bürgermeister von Guatemala-Stadt war, verlor bei der letzten Wahl 1999 gegen Portillo. An zweiter Stelle liegt mit rund zwölf Prozent der Mitte-Links-Kandidat Alvaro Colom, der ebenfalls zum zweiten Mal kandidiert.

Wegen Völkermordes angeklagt

Rios Montt hat besondere Gründe für seine Bewerbung: Sollte er nach dem Ende seiner Amtszeit im Januar kein weiteres öffentliches Amt bekleiden, verliert er seine politische Immunität, die ihn derzeit vor Strafverfolgung schützt. In Guatemala ist er wegen Völkermordes angeklagt, außerdem soll er vor den Interamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte gestellt werden.

Auf der anderen Seite kann Rios Montt gerade in den Dörfern auf Unterstützung zählen, da dort die alten Strukturen aus dem Bürgerkrieg noch immer vorhanden seien, sagt Daniel Wilkinson von Human Rights Watch. Rios Montt habe unter den Armen ein umfassendes System von Spitzeln aufgebaut, die ihm noch immer die Treue hielten. "Wir wollen keine Wunder. Wir wollen einfach jemanden, der die Situation in unserem Land verbessern kann", sagt der Arbeiter Jose Buencasa. Rios Montt sei "ein starker Führer, ein Präsident, der Ordnung einführen kann".

DPA
Anna Huber und Tim Schulze