Höchstpersönlich hatte er sich in die Schlacht geworfen, und zum Erstaunen alter Freunde war er sogar immer pünktlich. Bill Clinton jettete zu Gala-Diners, Cocktailparties und Stehempfängen im ganzen Land, oft saß er bis spät in die Nacht und ließ seinen Charme spielen. Und alles diente nur einem Zweck: die Kasse seiner Frau zu füllen. Allein in den vergangenen zehn Tagen kamen da über zehn Millionen Dollar zusammen. "Fund-raiser" heißen solche Veranstaltungen - Spendenbeschaffer. Willkommen im Wahlkampf-Land Amerika.
Dem schnöden Mammon galt in den vergangenen Wochen alles Streben der mittlerweile 12 potentiellen US-Präsidentschaftskandidaten. Denn Ende März lagen die Quartalszahlen für die Wahlkampf-Finanzierung an. Zahlen, die jeder Kandidat der staatlichen Finanz-Kommission melden muss. Und beinahe wie an der Wall Street gelten diese Zahlen als Trend-Melder für die politische Potenz eines potentiellen Präsidenten. Die Gleichung ist simpel: je mehr Geld, desto größer die Chancen, gewählt zu werden.
Mehr Geld denn je
Und wieder einmal verkündete das Hillary-Lager einen sensationellen Rekord. 26 Millionen Dollar Spenden in den ersten drei Monaten! So viel gab es noch nie. "Atemberaubend" strahlten die Strategen der Senatorin. "Wir haben unsere eigenen Ziele dramatisch übertroffen!" Als ob man erst gar keinen Zweifel aufkommen lassen will - diese Frau marschiert durch bis zum Sieg. "So will sie allen anderen Kandidaten die Luft zum Atmen nehmen", ahnt eine Aktivistin der Demokraten. Bei den Demokraten meldete auch der kämpferisch Linke John Edwards Superzahlen: 14 Millionen - mehr als dreimal so viel als noch bei seinem ersten Wahlkampf vor vier Jahren.
Ein Essen für eine Million
Doch Hillarys wahrer Konkurrent hielt sich Anfang der Woche noch vornehm zurück: Nichts war zu hören aus dem Lager Barack Obama. Mit feinem Seitenhieb auf Hillary Clinton hatten seine Strategen die schnöde Jagd nach Millionen kritisiert - schließlich ginge es um Inhalte und Ideale. So will sich Barack Obama vor allem die Unterstützung junger Wähler sichern. Die können zwar mal 25 Dollar per Internet spenden - doch dicke Schecks ausschreiben können sie nicht. Natürlich weiß das Obama - und natürlich absolviert er Gala-Diners bei Großspendern, die an einem Abend eine Million Dollar bringen. Es heißt, er werde mindestens 20 Millionen Dollar Spenden melden. Auch das wäre eine Sensation. Und eine ernste Bedrohung für Hillary. Denn in diesem Wahlkampf müssen die Kriegskassen früh gefüllt sein: die Entscheidungen über die Kandidaten beider Parteien fallen in den Vorwahlen. Bislang setzten vor allem die kleinen Bundesstaaten Iowa und New Hampshire den Trend. Dort finden ab Januar die ersten "primaries" statt. Bislang war es überschaubares Terrain für die Kandidaten. Man reiste über Land, redete auf Landwirtschaftsmessen, schüttelte Hände in Coffee Shops und privaten Wohnzimmern, pflegte echten Wählerkontakt.
Kampf der Giganten
Doch jetzt wollen große Bundesstaaten wie Kalifornien, Florida und New Jersey die Termine für ihre Vorwahlen vorverlegen. So könnten die Wähler in den bevölkerungsreichen Bundesstaaten mehr Einfluss ausüben, meinen die Befürworter. Es sei demokratischer. Die Kritiker mahnen: dann regiert erst recht "big money". Geld, das vor Ort für Wahlkampf-Büros, Mitarbeiter, Umfragen, Polit-Marketing und vor allem für die teure Fernsehwerbung gebraucht wird. Nur so kann man seinen Bekanntheitsgrad festigen.
Gut möglich, dass am 5. Februar 2008 in bis zu 20 Bundesstaaten die wahlen gleichzeitig stattfinden. An diesem "Super-Tuesday" muss siegen, wer Präsidentschaftskandidat seiner Partei werden will.
Die Kunst des Sammelns
Also heißt es: Knete eintreiben um jeden Preis. Da verspricht der Republikaner Mitt Romney jedem Studenten, der Geld für ihn sammelt, zehn Prozent der Summe als Unterstützung fürs Studium. John McCain lässt für 200 Dollar Fleece-Pullis mit seinem Logo übers Internet verkaufen. Barack Obama rekrutiert reiche Rechtsanwälte - seine ehemaligen Kollegen. Und hat sein Beschaffungswesen auch auf Hollywood ausgedehnt. Hier machte er vor einigen Wochen bei einem privaten Abend so viel Eindruck, dass ihm Hollywoods Filmproduzenten gleich 1,3 Millionen Dollar spendeten - sehr zum Ärger von Hillary Clinton.
Denn sie hat die Geld-Beschaffe perfektioniert. Allein ihre Spenderdatei umfasst 250000 Namen - und Hollywood gehört eigentlich dazu. Seit Jahren sammelt sie unermüdlich. Hat den Segen von "Emiliy´s List", einer Organisation zu Unterstützung von Frauen in der Politik - sie sammelte allein im vergangenen Jahr 45 Millionen Dollar. Und wer sich zu Hillary´s Großförderern zählen will, muss eine Million Dollar hinlegen. Soviel forderte selbst Georg W. Bush nicht - bei ihm mussten Großspender nur 100000 Dollar hinlegen, um sich zu seinen "Pionieren" zu zählen. Und auch das galt schon beinahe als unanständig.
Geheimwaffe: Ehemann
Auch ihr Haus in der Whitehaven Street in Washington hat sie längst spendentauglich gemacht. Vor fünf Jahren hat sie es für 2,85 Millionen Dollar gekauft, ein passabel-imposanter Ziegelbau, sechs Schlafzimmer, das Wohnzimmer leuchtet in zartem Gelb, das Esszimmer in Blau. An den Wänden Bilder, auf den Tischen Familienfotos. Und im weitläufigen Garten die große Terrasse und der Pool, wie gemacht für die get-togethers finanzkräftiger Unterstützer. Eine Einladung zu ihr nach Hause gilt als Washingtons heißestes Ticket.
Und wenn das alles nicht reicht, kommt ihre Geheimwaffe zum Einsatz. Bill, der Einzige wohl, der es mit einem wie Barack Obama aufnehmen kann. Der trotz aller Falten noch die Frische und Leidenschaft ausstrahlt, die sich seine Frau nie antrainieren kann. Und der mit seiner bedingungslosen Unterstützung für Hillary auch politische Abbitte für vergangene Sünden leistet.
So wie Weihnachten, als sie mit Freunden auf eine Karibik-Insel fuhren. Man lud Bill zum Golfspielen ein. Er lehnte ab. Er müsse Wahlkampf-Strategien besprechen, seufzte er.
Seine millionenschweren Einsätze in den vergangenen Wochen waren nur ein Vorgeschmack, heißt es. Er schreibe gerade ein Buch fertig. Und dann kommt er erst richtig zum Einsatz. Denn dieses Mal wird der Weg ins Weiße Haus so richtig teuer. Geschätzte Gesamtkosten für die kommende Präsidentenwahl: eine Milliarde Dollar.