Mit einer Wahl wie zu Sowjetzeiten ohne Chance für die Opposition hat in Weißrussland der autoritäre Staatschef Alexander Lukaschenko seine Macht gefestigt. Die Beteiligung habe bei 74,2 Prozent gelegen, behauptete die Leiterin der Wahlkommission, Lidija Jermoschina, am Montag. Nur einer der 110 Abgeordneten habe nicht gewählt werden können, weil er in seinem Wahlkreis die absolute Mehrheit verfehlt habe. Die Abstimmung werde dort wiederholt.
Nach Einschätzung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) ist die Parlamentswahl in Weißrussland weder frei noch unparteiisch verlaufen. "Eine freie Wahl impliziert, dass die Menschen frei sind, sich zu äußern, sich zu organisieren und ein Mandat anzustreben, aber wir haben nichts dergleichen während des Wahlkampfes gesehen", erklärte der Koordinator der OSZE-Wahlbeobachtermission, Matteo Mecacci, am Montag. Laut OSZE mangelte es auch den Wahlbehörden an Neutralität und Unabhängigkeit.
Angst und Einschüchterung
Weißrussland gilt als letzte Diktatur Europas, in der auch Todesurteile durch Genickschuss vollstreckt werden. In dem am Sonntag gewählten Parlament sind vor allem Beschäftigte von Staatsbetrieben, Lehrer und Ärzte vertreten, aber auch zahlreiche Vertreter des Geheimdienstes KGB, wie Medien berichteten.
Die Liste der Abgeordneten zeigte keinen Oppositionsvertreter, wie Beobachter in Minsk mitteilten. Zwar gebe es drei Mitglieder der Kommunistischen Partei und ein Mitglied der Agrarpartei. Doch hätten diese Politiker schon vorab Lukaschenko die Treue geschworen.
Lukaschenko-Gegner beklagten ein Klima der Angst und Einschüchterung, in dem keine freien Wahlen möglich seien. Unabhängige Kandidaten und ihre Familien seien von Mitarbeitern des Geheimdienstes KGB unter Druck gesetzt worden, sagte Sergej Kaljakin von der Initiative "Für gerechte Wahlen".
Sanktionen von EU und USA
Medien berichteten, dass Internetseiten der Opposition mit Informationen zur Wahl blockiert worden seien. Unter anderem war dort die Wahlbeteiligung mit teils nur über 30 Prozent angegeben worden. Der Oppositionsaktivist Kaljakin sagte, dass die Leute nicht zur Wahl gegangen seien, weil sie dem System nicht vertrauten.
Auch die deutsche Bundesregierung verurteilte die Wahl scharf und forderte ein Ende der Repression. Regierungssprecher Steffen Seibert erklärte in Berlin, Lukaschenko setze weiter auf Unterdrückung. "Das ist für sein Land und die Bürger in Weißrussland eine Tragödie", sagte Seibert, der auch die Behinderung der Berichterstattung kritisierte.
Wegen der Unterdrückung der Opposition und schwerster Menschenrechtsverstöße haben die EU und die USA Sanktionen gegen Lukaschenko verhängt. Lukaschenko selbst hatte Demokratie einmal als "bekloppt" bezeichnet und erklärt, dass Diktatur besser sei. Am Wahlsonntag sagte er, dass die Abstimmung in Belarus ein Vorbild für andere Länder sein könne.