"Guck dir das Ding an, Alter!", sagt der hörbar aufgebrachte US-Airforce-Pilot. "Es rotiert", entgegnet sein nicht weniger überraschter Kollege. Die beiden gut ausgebildeten US-Soldaten können sich keinen Reim darauf machen, was die Infrarotkamera ihrer F/A-18 Kampfjets da gerade aufzeichnet. Es ist ein ovales, sehr schnell fliegendes Objekt ohne sichtbaren Antrieb. Zu sehen ist das auf einem von drei Videos, die das Pentagon für die Veröffentlichung freigegeben hat.
Zuvor wurden diese und andere Fälle im "Advanced Aerospace Threat Identification Program" (Programm zur Identifizierung von Bedrohungen) des US-Verteidigungsministerium untersucht. Mindestens 22 Millionen US-Dollar flossen in die Abteilung, die sich ganz offiziell der Ufo-Forschung verschrieben hatte, wie die "New York Times" (NYT), "Politico" und die "Washington Post" (WP) am Wochenende übereinstimmend berichten. Ein Pentagon-Sprecher bestätigte die Existenz des Programms.
Pentagon-Mitarbeiter erforschten Ufo-Sichtungen
Den Berichten zufolge wurde die Abteilung zwischen 2007 und 2009 ins Leben gerufen und saß "im fünften Stock des C-Rings, tief im Inneren" des Pentagons. Dort befassten sich eine Handvoll Mitarbeiter ganz offiziell mit Berichten über Ufo-Sichtungen von Militärpiloten, dokumentierten diese und werteten sie aus. Zudem sollen teilweise auch die Orte der Sichtungen untersucht und Proben gesammelt worden sein. Zwar sei das Programm auch zur Überwachung neumodischer Flugzeuge anderer Großmächte, wie etwa China oder Russland, gedacht gewesen. Der Fokus lag den Berichten zufolge aber auf etwaigen Besuchern aus dem All.
Das Pentagon betont, dass die finanzielle Förderung 2012 eingestellt worden sei. Der "NYT" zufolge, die mit mehreren ehemaligen Mitarbeitern des Programms gesprochen und Akten dazu eingesehen hat, gingen die Beamten aber auch in den vergangenen fünf Jahren weiterhin solchen Berichten nach - neben ihren eigentlichen Tätigkeiten.
Großteil des Budgets ging an private Firma
Den Recherchen zufolge wurde das Programm auf Initiative von Harry Reid aus Nevada ins Leben gerufen, dem damaligen demokratischen Mehrheitsführer im US-Senat. Dieser habe "seit jeher ein großes Interesse an Weltraumphänomenen". Reid steht zu dem Programm und zeigte sich stolz, dieses auf den Weg gebracht zu haben. "Ich bin weder peinlich berührt oder schäme mich noch tut mir irgendetwas leid", zitiert ihn die "NYT". "Ich denke, es war eines der guten Dinge, die ich während meiner Zeit im Kongress getan habe. Ich habe etwas getan, was niemand zuvor getan hat."
Ein Großteil des Budgets, das im 600 Milliarden schweren US-Verteidigungshaushalt versteckt gewesen sei, ging den Berichten zufolge an das Forschungsunternehmen Bigelow Aerospace. Dieses wurde von Robert Bigelow, einem Milliardär und langjährigen Freund Reids, gegründet. In einem 490-seitigen Bericht von Bigelow Aerospace seien angebliche Ufo-Beobachtungen in den USA und vielen anderen Ländern über mehrere Jahrzehnte hinweg beschrieben worden. Bigelow hatte unlängst in einer CBS-Sendung betont, er sei "absolut überzeugt", dass Ufos existierten und die Erde besucht hätten.
So überzeugt war man beim Pentagon aber ganz offensichtlich nicht. "Es wurde entschieden, dass es andere, wichtigere Themen gab, die Finanzierung benötigen", wird ein Sprecher der Behörde von den Medien zitiert. Schlüssige Beweise für außerirdisches Leben soll das Programm nicht geliefert haben.
Leiter klagt über wenig Rückhalt im Pentagon
Der langjährige Leiter, ein militärischer Geheimdienstbeamter namens Luis Elizondo, fühlte seine Arbeit den Berichten zufolge dennoch nicht ausreichend gewürdigt und kündigte daher seinen Dienst. "Trotz überwältigender Beweise (...) sind Personen im Ministerium strikt gegen weitere Untersuchungen dessen, was sich als eine taktische Bedrohung für unsere Piloten, Matrosen und Soldaten und vielleicht sogar als eine existenzielle Bedrohung für unsere nationale Sicherheit herausstellen könnte", zitiert die "WP" aus seinem Kündigungsschreiben an den Verteidigungsminister.
Elizondo entschloss sich daher zu einem privaten Forschungsunternehmen zu wechseln, um dort seine Ufo-Untersuchung fortzusetzen. Seiner Ansicht nach stecke "kein Land" hinter den von ihm untersuchten Phänomenen. "Diesen Fakt sollte keine Regierung oder Institution vor der Öffentlichkeit geheimhalten."
