Nach wochenlangen Protesten auf dem Inselstaat Madagaskar hat Staatschef Andry Rajoelina das Land verlassen. Wie der Präsident am Montagabend in einer live übertragenen Ansprache mitteilte, habe er sich an einen sicheren Ort begeben müssen, um sein Leben zu schützen.
Was ist Ursprung der Proteste?
Die Proteste in Madagaskar hatten vor rund drei Wochen begonnen. Auslöser waren regelmäßige Stromausfälle sowie Probleme bei der Wasserversorgung. Nach UN-Angaben wurden seit Beginn der Proteste mindestens 22 Menschen getötet und mehr als einhundert weitere verletzt. Die Demonstranten fordern Rajoelinas Rücktritt.
Bereits am Sonntag wurde Rajoelina von einer französischen Militärmaschine ausgeflogen, wie der französische Radiosender RFI berichtete. Demnach gab es eine entsprechende Vereinbarung mit Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron. Rajoelina hatte 2014 die französische Staatsbürgerschaft erhalten. Wo er sich befindet, ist nicht bekannt.
Das vor der afrikanischen Ostküste liegende Madagaskar gehört trotz seiner vielen Rohstoffe zu den ärmsten Ländern der Welt. Fast 75 Prozent der Bevölkerung lebt unter der Armutsgrenze.
Trat der Präsident offiziell zurück?
Die Rede war mehrfach verschoben worden, nachdem laut Angaben der Präsidentschaft die Staatsmedien von bewaffneten Kräften eingenommen wurden. Zudem kam es zu technischen Problemen bei der Übertragung der Rede. Zu einem möglichen Rücktritt äußerte Rajoelina sich nicht.
Stattdessen appellierte er an die Bevölkerung seines Landes, die bestehende Ordnung zu achten. "Wenn wir das nicht tun, wird sich die Armut weiter verschlimmern", sagte der madagassische Präsident. Später erklärte er sich "offen für einen Dialog, um einen Ausweg aus dieser Situation zu finden".
Gab es einen Putschversuch in Madagaskar?
In dem Inselstaat im Indischen Ozean demonstrieren seit Ende September Zehntausende junge Menschen, die Rajoelinas Rücktritt fordern. Auslöser der Aufstände waren Strom- und Wasserausfälle, Missstände im Bildungssystem sowie hohe Arbeitslosigkeit und weit verbreitete Armut. Nach friedlichen Protesten kam es auch zu Gewalt. Mindestens 22 Menschen wurden getötet.
Das Präsidentenbüro hatte am Sonntag einen Putschversuch gegen Rajoelina angeprangert. Seine Vertreter hatten noch am Sonntagabend Gerüchte über seine Ausreise dementiert und behauptet, dass Rajoelina sich im Bunker des Präsidentenpalasts aufhalte.
Welche Rolle spielt das Militär?
Kurz vor der Ausreise hatte eine aufständische Einheit der Armee erklärt, sie habe die Kontrolle über die Land-, Luft- und Seestreitkräfte des Inselstaats vor der südöstlichen Küste Afrikas übernommen. Zahlreiche Soldaten schlossen sich den Protesten an. Allerdings gibt es in Madagaskar auch eine Gendarmerie, die separat von Polizei und Militär handelt.
Was ist das Ziel der Proteste?
Die unter dem Namen "Gen Z" zusammengeschlossene Protestbewegung fordert den Rücktritt Rajoelinas, die Auflösung des Senats, des Verfassungsgerichts und der Wahlkommission sowie die strafrechtliche Verfolgung des Geschäftsmanns Mamy Ravatomanga, der Rajoelinas wichtigster Geldgeber sein soll.