US-Politik Zerrieben zwischen Trump und den Wählern: die ausweglose Falle der Republikaner

US-Politik: Donald Trump hat die republikanische Partei fest in seiner Hand
Donald Trump hat die republikanische Partei fest in seiner Hand
© Peter Zay/ / Picture Alliance
Donald Trump ist verantwortlich für den Sturm auf das Kapitol, das wissen auch die Republikaner. Und trotzdem halten sie ihm die Treue. Die auch für sie harte Wahrheit ist: Sie haben keine andere Wahl.

"Es gibt keinen Zweifel - keinen - daran, dass Präsident Trump praktisch und moralisch dafür verantwortlich ist." Diese im Rahmen des Amtsenthebungsverfahrens gegen Donald Trump geäußerte Einschätzung zum Sturm auf das Kapitol ist bemerkenswert. Weil sie nicht etwa von den anklagenden Demokraten stammt, sondern vom Parlamentschef von Trumps Republikanern. Doch Mitch McConell und seine Partei stimmten trotzdem für einen Freispruch ihres Ex-Präsidenten. Es ist ihre einzige Hoffnung auf ein politisches Überleben.

Denn Donald Trump hat die Republikaner in eine Falle gedrängt, aus der es kein Entrinnen zu geben scheint: Um es ihren Wählern recht zu machen, wandelten sie sich in die Partei Donald Trumps. Um den Geist in die Flasche zu bekommen, ist es viel zu spät. Und die Partei steht sehenden Auges am Abgrund.

Fest in Trumps Bann

Wie stark die Bindung der Republikaner an Trump ist, kann man am Abstimmungsergebnis zum Amtsenthebungsverfahren sehen. Von den 50 republikanischen Senatoren stimmten nur sieben gegen Trump, 17 wären für die für eine Amtshebung erforderliche Zweidrittelmehrheit nötig gewesen. Die sieben Abweichler sprechen Bände: Drei von ihnen haben ihren Sitz gerade erst in einer Wahl sichern können, zwei gehen in Rente. Die beiden übrigen, Mitt Romney und Lisa Murkowski, sitzen so fest im Sattel, dass sie es sich leisten können, in verschiedenen Bereichen mit den Demokraten zu stimmen. Alle anderen bleiben fest auf Parteilinie.

Warum das so ist, kann man an Wählerbefragungen sehen. Obwohl mehr als 70 Prozent der US-Amerikaner glauben, dass Trump in irgendeiner Form für den Angriff auf das Kapitol am 6. Januar mit seinen fünf Toten verantwortlich ist, fordern nur 54 Prozent, dass er die Politik komplett verlassen soll. Das liegt vor allem an den republikanischen Wählern: 74 von ihnen finden, Trump solle weiter eine Rolle in der Partei spielen, fast die Hälfte sieht ihn als legitimen Kopf der Partei. Das passt auch zu Umfragen während seiner Präsidentschaft. Während die Zustimmung zu Trumps Politik nie über 50 Prozent der Bevölkerung hinauskam, galt er stets bei über 80 Prozent derer, die sich als Republikaner bezeichnen, als guter Präsident.

Gespaltene Gesellschaft

Die hohe Zustimmung ist die Folge eines immer größer werdenden Spaltes in der amerikanischen Gesellschaft. Während Donald Trump unter progressiven und liberalen Stadtbewohnern als unhaltbarer Präsident galt und die Medien immer wieder seine vielen Fehltritte, Lügen und Inkonsistenzen hervorhoben, fand das in den konservativen Regionen und Medien nicht statt. Hier galt Trump als leuchtendes Beispiel einer großen Politik,  die böse Eliten stürzen wollte. Ein Bild, das in den Verschwörungs-Mythen von QAnon seinen Gipfel gefunden hat.

Für die republikanischen Politiker ist das ein Problem. Sie wissen, dass ihre Politik der Steuerfreiheit für die Reichen und der konservativen Werte in weiten Teilen der USA nicht mehrheitsfähig ist. In der Wahl im November fielen selbst einstige Hochburgen an die Demokraten, selbst das fest rote Texas schien für einen kurzen Moment für die Demokraten gewinnbar. Gleichzeitig radikalisiert sich die eigene Basis, verlangt von den Abgeordneten eine immer kompromisslosere Politik. Und verhindert so, mit einer leichten Öffnung zur Mitte neue Wählerschichten ansprechen zu können. 

In die Sackgasse getrieben

Der einzige Ausweg heißt deshalb aktuell: Unterstützung für Donald Trump. Und auch hier ist die Sackgasse am Horizont schon zu erahnen. Sollte Trump eine Kandidatur für 2024 ankündigen, dürfte auch die nächste Wahl für die Republikaner kaum zu gewinnen sein. Gegen Trump anzutreten, birgt für die übrigen Kandidaten der Partei aber eine ganz eigene Gefahr: Schon länger wird gemunkelt, Trump würde mit der Gründung einer eigenen Partei liebäugeln.

Eine MAGA-Partei unter Trumps Führung hätte zwar keine echte Chance auf einen Wahlsieg, aber sie würde die Wählerbasis der Republikaner spalten - und damit jede Chance eines republikanischen Präsidentschaftskandidaten vernichten. "Unsere große, patriotische und wunderschöne Bewegung, Amerika wieder groß zu machen, hat gerade erst begonnen", verkündete Trump nach der Senatsentscheidung. Er habe in den nächsten Monaten noch viel vor, verkündete der Ex-Präsident. Für die Republikaner dürfte das auch wie eine Drohung klingen. 

Zersetzungsprozess

Viele Republikaner wollen das nicht mittragen. Die Zahl der Befragten, die sich in Umfragen selbst als Republikaner bezeichnen, nimmt seit Jahren stetig ab. Selbst viele Mitglieder der einst als extrem konservativ geltenden Bush-Regierung sind mittlerweile aus der Partei ausgetreten. "Die republikanische Partei, wie ich sie kannte, existiert nicht mehr. Ich würde es den Trump-Kult nennen", klagte etwa Jimmy Gurulé, der unter Bush als Staatssekretär im Finanzministerium arbeitete gegenüber "Reuters". "Wenn es die Partei Trumps bleibt, werden die meisten auch nicht zurückkommen", glaubt die ebenfalls unter Bush arbeitende Rosario Marin.

Dass Trump eine Gefahr für die Partei ist, wurde bereits vor seiner ersten Wahl zum Präsidentschaftskandidaten befürchtet - von seinen späteren Unterstützern. "Wenn Donald Trump unser Präsidentschaftskandidat wird, wird er die republikanische Partei zerstören", gab etwa der spätere Trump-Unterstützer Lindsey Graham 2016 zu Protokoll. Und schob eine noch härtere Einschätzung hinterher: "Und wir werden es verdient haben."

mma