Altkanzler Schmidt "Was hat er zur Integration beigetragen?"

Altkanzler Helmut Schmidt hält es für einen Fehler, in den 60er Jahren türkische Gastarbeitern ins Land geholt zu haben. Die Reaktionen auf diese Äußerung fallen harsch aus. Doch es gibt auch Zustimmung.

Altkanzler Helmut Schmidt empört türkischstämmige Politiker: In einem Interview mit dem "Hamburger Abendblatt" sagte er, dass eine Integration verschiedener Kulturen in Deutschland auf absehbare Sicht kaum möglich sei. Zudem sei es ein Fehler gewesen, "dass wir zu Beginn der 60er Jahre Gastarbeiter aus fremden Kulturen ins Land holten". Ursache fehlender Integration in Deutschland und Europa ist nach Ansicht von Schmidt, die "Feindlichkeit", mit der christliche Kirchen über Jahrhunderte die Europäer gegenüber anderen Religionen erzogen hätten.

"Ihr gehört nicht zu uns, wir wollen euch nicht"

Politiker von SPD und Grünen haben empört auf die Äußerungen Schmidts reagiert. "Es ist ein Schlag ins Gesicht", sagte die SPD-Bundestagsabgeordnete Lale Akgün der "Berliner Zeitung". "Die Botschaft, die Schmidt sendet, lautet: Ihr gehört nicht zu uns, wir wollen Euch nicht." Schmidt hatte gesagt, es sei ein Fehler gewesen, "dass wir zu Beginn der 60er Jahre Gastarbeiter aus fremden Kulturen ins Land holten".

Entsetzt zeigte sich auch die Grünen-Bundestagsabgeordnete Ekin Deligöz. "Dies ist eine Beleidigung der Generation meiner Eltern", sagte die 33-Jährige. "Schmidt verkennt, welchen Mut die Migranten hatten, in ein neues Land aufzubrechen und dort zu arbeiten, er verkennt auch, welche Integrationsleistung sie erbracht haben."

Der grüne Europa-Abgeordnete Cem Özdemir bedauerte die Äußerungen des früheren Bundeskanzlers. "Schmidt muss sich fragen lassen, was er denn persönlich zur Integration beigetragen hat, als er Bundeskanzler war", sagte Özdemir der "Berliner Zeitung".

Marieluise Beck, Ausländerbeauftragte der Bundesregierung, verteidigte die Zuwanderungspolitik der vergangenen Jahrzehnte: "Die Gastarbeiter haben nach dem Krieg mitgeholfen, unser Land wieder aufzubauen und die Arbeiten erledigt, die die Deutschen nicht mehr machen wollten", sagte Beck der "Bild"-Zeitung.

Verhaltenen Beifall bekommt der Altkanzler dagegen vom Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Karl Kardinal Lehmann. Der "Bild"-Zeitung sagte er: "Es wurden manche Fehler gemacht. Viel zu lange wurde die Integration der so genannten Gastarbeiter vernachlässigt." Ausländische Arbeitskräfte hätten jedoch auch viel zum Wohlstand der Deutschen beigetragen und das Land kulturell bereichert.

Glotz kritisiert Zustrom von Moslems

Auch der SPD-Politiker Peter Glotz sieht die Einwanderungspolitik kritisch: "Wir wären besser gefahren, wenn wir die Einwanderung gesteuert hätten." Er bemängelte insbesondere den Zustrom von Ausländern aus muslimischen Ländern. Man hätte bei der Anwerbung von Muslimen vorsichtiger sein sollen, so Glotz.

Collage mit Porträts von Merz, Klingbeil, Söder und Reiche

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Der bayerische Innenminister Günther Beckstein (CSU) stellte die Frage, "ob es nicht besser wäre, die Fabriken zu den Menschen zu bringen, anstatt Menschen in andere Kulturkreise zu verpflanzen".

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