Eigentlich sagten schon die Frisuren alles aus: Auf der einen Seite Roland Koch, dessen Scheitel so präzise saß wie jeder seiner Sätze. Auf der anderen Seite Andrea Ypsilanti, deren Ausführungen bisweilen ähnlich wirr endeten wie die frechen Strähnchen in der Stirn.
Acht Themen arbeiteten die beiden mit Unterstützung der Moderatoren Alois Theisen und Claudia Schick in 90 Minuten ab: Bildung, Integration, Flughafenausbau, Energie, Mindestlohn, Jugendkriminalität, Kinderbetreuung und Finanzen - das pralle hessische Leben.
Angriffslustige Herausforderin
Inhaltlich gab es kaum Neues, aber darum geht es bei solchen Fernseh-Duellen auch nicht. Entscheidend ist der Eindruck, den die Kandidaten im sterilen Fernsehstudio machen. Verlieren konnte Andrea Ypsilanti da nicht. Denn viele Hessen wissen wahrscheinlich erst seit gestern Abend, wie die Spitzenkandidatin der SPD spricht, wie sie gestikuliert, wie sie sich bewegt und wie sie mit einem politischen Schwergewicht wie Roland Koch umspringt. Auf jeden Fall mutig. Denn es war nicht der als Krawallmacher berüchtigte Koch, der den Angriff suchte, sondern die Herausfordererin.
Mit einem Anflug von Ekel zieh sie ihr Gegenüber wieder und wieder des Versagens; freilich ohne die Stimme zu heben. Rechte Freude kam darüber aber wohl auch bei Koch-Gegnern nicht auf. Zu sauertöpfisch blickte die 50-Jährige zu ihrem Kontrahenten und in die Kamera, als dass man in ihr den sympathischen Underdog hätte erkennen können, der Hessen auf den rechten, wohl linken, Weg führen wird.
Die Besserwisserin bleibt unpräzise
Eher wirkte Andrea Ypsilanti wie eine besserwissende Sozialkundelehrerin, die sich selbst für den besseren Menschen hält und lieber mit der eigenen Moral als mit harten Fakten argumentiert. Vielleicht lag es auch daran, dass sie die meisten ihrer Angriffe nicht so recht mit Zahlen untermauerte. Die hessische SPD-Chefin blieb über weite Strecken vage und unpräzise und schaffte es nicht einmal, Roland Koch bei den Themen Jugendkriminalität und Flughafenausbau zu stellen - eigentlich offene Flanken des CDU-Hardliners.
Der vermied an diesem Abend alles, was diesen Ruf hätte stärken können. Kein böses Wort kam über seine Lippen. Man müsse in einem Wahlkampf eben über die Dinge reden, die die Menschen bewegen, verniedlichte er Ideen wie das Burka-Verbot in Hessen, mit denen er seit Wochen die Schlagzeilen dominiert.
Koch wirkt kompetenter – und arrogant
Auch Andrea Ypsilanti konnte Roland Koch gestern Abend nicht reizen: Emotionslos hörte er sich die leicht verhaspelten Tyrädchen seiner Gegnerin an, um dann seine rhetorische Überlegenheit bis an die Grenze der Arroganz auszuspielen. Jeder Schachtelsatz fand sein grammatikalisch korrektes Ende; kein "Äh", keine Pausen, kein unsicherer Blick, keine Wärme. Selbstgefällig breitete Roland Koch zu allen Themen eine Flut an Zahlen und Detailfakten aus und belehrte Andrea Ypsilanti schließlich sogar über Seitenzahlen im SPD-Programm. Sympathisch war das nicht, doch den Eindruck, dass der Mann weiß, wovon er spricht, konnte Ypsilanti nie widerlegen.
Das war es auch, was wohl letztlich Roland Koch zum knappen Sieger des TV-Duells machte. Doch was heißt schon Sieger? Die Anhänger des linken Lagers dürften trotzdem bestärkt sein, das ihre Kandidatin die Gute und Koch der Böse ist. Die Bürgerlichen dürften froh sein, dass ihr Kandidat weitere Ausfälle vermied und den kompetenteren Eindruck machte. Und die Wechselwähler wissen jetzt endgültig, dass es in Hessen wie in alten Zeiten um rechts oder links geht und dass dazwischen kaum Platz ist.