Politiker setzen sich gerne in Szene - nicht zuletzt in quotenstarken Talkshows. So auch Andreas Scheuer. Als Generalsekretär der CSU gehört es zu seinen Aufgaben, der Lautsprecher der Partei zu sein und jederzeit Tatkraft zu demonstrieren. Bei "Maischberger" am Dienstagabend im Ersten ist das allerdings gründlich schiefgegangen. "Die Flüchtlingskrise: Politiker ratlos, Gesellschaft gespalten" lautete das Thema - und Scheuer tat viel dafür zu belegen, dass die Politik dem Problem tatsächlich weitgehend hilflos gegenübersteht.
Vor allem den vehementen Forderungen der Diskussionsteilnehmer - allen voran Schauspieler Til Schweiger - Regierungspolitiker müssten sich endlich sichtbar und lautstark dem rechten Mob entgegenstellen sowie Hass und Fremdenfeindlichkeit deutlich vernehmbar öffentlich ächten, hatte der Bundestagsabgeordnete des Wahlkreises Passau bestenfalls Kleinlautes entgegenzusetzen. "Wo ist der Politiker, der sagt: Jetzt ist Schluss, bis hierhin und nicht weiter?", fragte Schweiger. Ein Gedankenspiel des Filmstars, den Solidaritätsbeitrag künftig zur Finanzierung von Flüchtlingsheimen einzusetzen, bezeichnete Scheuer als "albern" - und erntete dafür Schweigers Spruch "Sie gehen mir auf den Sack!". Auch wenn sich der Schauspieler dafür später entschuldigte, sprach er vielen Zuschauern aus der Seele:
Der Grund für die heftige Kritik an dem Christsozialen: Andreas Scheuer gehört zu jenen Politikern, die nicht müde werden, die unbestreitbaren Probleme, die der anhaltend große Zustrom von Flüchtlingen mit sich bringt, zu thematisieren. Dagegen wird der Fremdenhass, der den Schutzsuchenden zunehmend offen entgegenschlägt, eher beiläufig erwähnt.
Ähnlich wie bei "Maischberger" argumentierte Scheuer auch schon in einem Gastbeitrag für "Zeit online". Unter dem Titel "Wir erleben massenhaften Asylmissbrauch" schreibt er: "Wer wirklich Hilfe benötigt, erhält sie – wer das Asylrecht als Einwanderungsrecht missbraucht, muss Deutschland verlassen! Das ist geltendes Recht und legitim: Da jeder Asylantrag und jede konkrete Situation, in der sich ein Asylbewerber befindet, individuell geprüft wird, ist es auch vertretbar, bei Ablehnung zu verlangen, Deutschland wieder zu verlassen. Nur so bewahren wir die Akzeptanz der Bevölkerung." Ohne gleichzeitige deutliche Abgrenzung zu fremdenfeindlichen Gruppen gelten solche Sätze vielen als stillschweigende Duldung für Pöbeleien oder gar Zündeleien an Flüchtlingsunterkünften.
Andreas Scheuer ist seit Dezember 2013 CSU-Generalsekretär - und damit die iedeologische rechte Hand von Parteichef Horst Seehofer. Seit 2002 sitzt der gebürtige Passauer im Bundestag. Zudem war er vier Jahre lang Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium. Unangenehm in die Schlagzeilen geriet der 41-Jährige Anfang 2014, weil er seinen an der Prager Karls-Universität erworbenen Doktorgrad auch hierzulande führte, obwohl der so bezeichnete "PhDr." nur in Bayern und Berlin anerkannt ist. Angesichts der öffentlichen Diskussion verzichtet Scheuer seither auf den Titel. Plagiatsvorwürfe gegen seine Doktorarbeit hat die Prager Universität zurückgewiesen.
Dass sich der CSU-Politiker das bei "Maischberger" Erlebte zu Herzen nehmen wird, dafür gab es bisher keine Hinweise. Til Schweiger jedenfalls machte deutlich: "Ich werde Sie beobachten, Herr Generalsekretär, ob Sie demnächst mal irgendwie sich mit Vehemenz gegen diesen Mob stellen."