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Ex-Verkehrsminister Die Ramsauerei, zu der die CSU lieber schweigt

Peter Ramsauer, CSU-Politiker und Ex-Verkehrsminister
Peter Ramsauer, CSU-Politiker und Ex-Verkehrsminister
© Bernd von Jutrczenka / DPA
CSU-Politiker Peter Ramsauer hatte Migranten mit "Ungeziefer" verglichen. Nun versucht sich der kernig-konservative Krawallmacher notdürftig in Schadenbegrenzung. Und was sagt seine Partei dazu?

Wenn Peter Ramsauer mal wieder für Schlagzeilen sorgen wollte, dann ist ihm das vortrefflich gelungen. Der frühere Verkehrsminister ist in jüngster Vergangenheit allenfalls mit Grünen-Bashing (wie hier) und Rückendeckung für seinen Amtsnachnachfolger Andreas Scheuer im Mautdebakel (und hier) aufgefallen. Jetzt hat er ein Interview gegeben, das es wirklich in sich hat.

Das Gebäudeenergiegesetz der Ampel-Koalition? Eine "Maximalkarambolage", wird Ramsauer darin zitiert, eine "schandhafte und katastrophale Gesetzgebung" noch dazu. Angela Merkel? Hat in seinen Augen offensichtlich viel falsch gemacht. Der Atomausstieg und die Flüchtlingspolitik gehörten zu den "katastrophalsten politischen Fehlern" der Altkanzlerin. Hans Georg-Maaßen? Kenne er zwar nicht näher, aber alles, was er über den Ex-Verfassungsschutzchef vernommen habe, "kann ich aus meiner politischen Gesinnung und Erfahrung heraus voll unterschreiben". 

Ramsauer, so viel ist nach dem Gespräch sicher, bleibt auch nach mehr als 30 Jahren als CSU-Abgeordneter seinem Image als kernig-konservativer Krawallmacher treu. Für Furor und einen regelrechten Sturm der Entrüstung hat der 69-Jährige allerdings mit einer anderen Aussage gesorgt – die er nun notdürftig einzufangen versucht. 

Im Gespräch mit "Mittelstand Digital", ein als E-Paper erscheinendes Magazin des Bunds der Selbständigen (BDS) Nordrhein-Westfalen und der Bundesvereinigung Mittelständischer Unternehmer (BVMU), hat der CSU-Politiker Migranten mit "Ungeziefer" verglichen. Gefragt nach Knackpunkten beim Fachkräfteeinwanderungsgesetz, antwortete Ramsauer in Anlehnung an den früheren chinesischen Machthaber Deng Xiaoping: "'Wenn man die Fenster zu weit aufmacht, kommt auch viel Ungeziefer mit rein'" Das heißt – übertragen auf die Einwanderungsproblematik –, dass wir aufpassen müssen, dass wir neben den Fachkräften nicht auch x-beliebige Wirtschaftsflüchtlinge mit ins Land holen."

Nach Veröffentlichung des Interviews am Montag war die Empörung groß. Auf Twitter (neu: "X") wurde der CSU-Politiker heftig für seine Aussagen kritisiert, der Hashtag "#Ramsauer" wurde zu einem der deutschlandweit am häufigsten genutzten Schlagworte in dem sozialen Netzwerk. Aus der Linkspartei kamen Forderungen, Ramsauer müsse sein Bundestagsmandat wegen der "lupenreinen Volksverhetzung" zurückgeben, andernfalls die Union ihn aus der Fraktion ausschließen. 

In einer ersten Reaktion bemühte sich der Gescholtene um Schadenbegrenzung. Das Zitat sei zwar in dem Gespräch gefallen, allerdings nicht zur Veröffentlichung bestimmt gewesen. "Ich würde auch niemals einen solchen entwürdigenden Vergleich mit zugewanderten Fachkräften oder Migranten machen", sagte Ramsauer zur "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Die Passage sei inzwischen aus dem Interview entfernt worden.

Peter Ramsauer: Alles nur (k)ein Missverständnis 

In der Tat ist das Zitat in dem Online-Magazin nicht mehr zu aufzufinden (das Netz vergisst allerdings nicht). Joachim Schäfer, Hauptgeschäftsführer des BDS/BVMU, bestätigte auf Anfrage des stern den Vorgang. Die Aussage sei nicht zur Veröffentlichung gedacht gewesen sei, im Gespräch aber gefallen. "Es sollte auch im Interviewtext nach Maßgabe von Dr. Ramsauer gestrichen werden, wurde aber versehentlich nicht entfernt", teilte Schäfer in einer schriftlichen Antwort mit, ohne darin näher ins Detail zu gehen. 

Also alles nur ein Missverständnis? Fest steht jedenfalls, dass Ramsauer diesen "entwürdigen Vergleich" (Zitat: Ramsauer) gezogen hat – auch, wenn er angeblich nicht zur Veröffentlichung bestimmt gewesen war. Das hat er selbst bestätigt. Nur öffentlich lesen wollte er ihn nicht.

In der Union dürfte man über Aussagen, die an den rechtspopulistischen Sound der AfD erinnern, kaum begeistert sein. Pünktlich zur Ferienzeit hatte CDU-Parteichef Friedrich Merz eine Debatte darüber angestoßen, ob man nicht doch mit der in Teilen rechtsextremen Partei auf kommunaler Ebene zusammenarbeiten könnte. Was folgte, war ein Aufschrei, wie ihn die Partei lange nicht erlebt hatte. Auch die Schwesterpartei CSU kann die Ramsauerei nicht gebrauchen: Aktuell prüft das Verkehrsministerium  Schadensersatzforderungen gegen Ex-Ressortchef Andreas Scheuer wegen der gescheiterten Pkw-Maut (mehr dazu lesen Sie hier). Nicht zuletzt stehen im Oktober Landtagswahlen in Bayern und Hessen an – denkbar schlechtes Timing für einen "entwürdigen Vergleich".

Auch vor diesem Hintergrund dürften sich die Schwesterparteien nun demonstrativ wortkarg geben. Gefragt nach möglichen Konsequenzen, winkt die Pressestelle der Unionsfraktion ab – es handele sich um eine Angelegenheit der CSU-Landesgruppe, heißt es auf Anfrage des stern. Die CSU-Landesgruppe teilte wiederum mit: Man werde keine Stellungnahme zu Ramsauers Äußerungen abgeben. 

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